Seit 1996 initiiert der Krefelder Künstler, Ingenieur und designkrefeld-Lehrende Gerhard Hahn zahlreiche Crossover-Kooperationen mit Industrieunternehmen in Deutschland und den USA. Mit Siliziumcarbid (SiC), einem Werkstoff der sogenannten Technischen Keramik, prominent als Hitzeschild des ISS Spaceshuttle, entwickelte er dabei als Kernstück eine ungewöhnliche Forschungsreihe mit sieben persönlichen Kunstprojekten und studentischen Projektkooperationen.
Die kreativen Untersuchungen des kristallinen, diamantharten, elektrisch leitfähigen und hochfeuerfesten Werkstoffs dokumentiert er nun zum Abschluss seiner Lehrtätigkeit im Fachbereich Design der Hochschule Niederrhein - dies mit einem reich bebilderte Buch zu sieben Projekten, die auf eine Reise gehen vom glitzernden Fingerring und hitzebeständigen Auflaufgeschirr bis zum 3D-gedruckten Kunstwerk.
1998, noch vor Beginn seiner Tätigkeit in Krefeld, verarbeitete Gerhard Hahn im künstlerischen Projekt Repro Duktus erstmalig eine halbe Tonne des exotischen Werkstoffs zu künstlerischen Wandobjekten und Installationen. Bis dato hatte das synthetische Material keine ausführliche Nutzung außerhalb der Technik erfahren. Dass daraus eine Reihe weiterer Zusammenarbeiten mit den Partnern Saint Gobain IndustrieKeramik GmbH und Schunk Ingenieurkeramik GmbH entstehen würde, war damals nicht erahnbar.
Neben den technischen Besonderheiten des Siliziumcarbids beschäftigte den Künstler Hahn insbesondere die auratische Oberflächenwirkung des polykristallinen, im gerichteten Licht glitzernden Werkstoffs.
Dieser schien wie prädestiniert für exotische Schmuck- und Leuchtenkreationen, die Studierende bald nach Hahns Berufung 2002 in zahlreichen Kooperationsprojekten schufen. Diese ermöglichten ihnen bereits während des Studiums spannende Einblicke in modernste Fertigungsabläufe und vermittelte Kontakte zu einer Branche, die seit 2011 mit Ihren Produkten den Jahresumsatz der traditionellen Tonkeramik übertrifft.
Die Kooperationsreihe schließt 2019 mit zwei Projekten im weltweit einzigen großformatigen Drucker für Siliziumcarbid der Schunk Ingenieurkeramik GmbH, Willich und den resultierenden Synergieeffekten bis hin zu einer Präsentation auf der Hannovermesse.
Hahns finale Arbeiten im 3D-Druckprojekt Interference / Bildstörung beschäftigen sich nicht nur mit den technischen Möglichkeiten der digital gesteuerten Werkzeuge, sondern reflektiert auch thematisch unser Dasein zwischen Natur und selbstgeschaffenen technischen Welten. So wie bei den Abbildungen seiner formkomplexen, filigrane Skulpturen ist das Buch auch insgesamt mit zahlreichen großformatigen Fotografien der Projektergebnisse bestückt.
Das 152 Seiten umfassende Werk startet mit einem Kapitel zu den Materialvarianten des Siliziumcarbids und zeigt über die entstandenen Ergebnisse hinaus Herstellungsspezifika in den verschiedenen Projekten beispielhaft auf, etwa von der Handskizze bis zum finalen 3D-Druck und einem siebentägigen Brand bei 1600°C.
Gerhard Hahn blickt auf eine spannende Zeit als Künstler und Lehrer im Projektbereich Keramik-/Porzellan-/Glasdesign des Fachbereichs Design zurück, der westdeutschlandweit einmalig ist und im Buch sein gebührendes Kapitel gefunden hat. „Die Zusammenarbeit mit den verschiedensten Menschen und Technologien ist für mich bis heute ein spannendes Abenteuer auf künstlerischer, technischer und kommunikativer Ebene“, sagt Hahn. „Ich danke alle, die mich dabei unterstützt und begleitet haben.“
Gerhard Hahn – Kunst & Design aus Siliziumcarbid
Wienand Verlag, 152 Seiten, Hardcover, EUR 28,00
ISBN 978-3-86832-629-1
Portrait-Fotos: Thomas Lammertz