Gedenkstättenfahrt via Berlin, Wannsee nach Auschwitz mit Angehörigen der Hochschule Niederrhein Text: Matthias Hakes Fotos: LAKUM Krefeld Einmal im Jahr wird die Gedenkstättenfahrt vom LAKUM, dem ka- tholischen Hochschulzentrum und Kooperationspartner der Hoch- schule Niederrhein, organisiert. Ein Team begleitet die Gruppe der Studierenden methodisch durch die Zeit und an verschiede- ne Orte der Erinnerungskultur. Der Weg führt von Berlin über das Haus der Wannseekonferenz bis nach Auschwitz. „Auschwitz“ ist der deutsche Name für eine polnische Stadt (Oswiencim), die, nach dem Angriffskrieg der Deutschen auf Polen 1939 umbenannt wurde. Zur Ausschaltung der polnischen Kultur wurde hier 1940 ein Konzentrationslager errichtet, das schnell weitere Häftlingsgruppen aufnahm. Die größte Gruppe waren Jüdinnen und Juden aus ganz Europa, die nach Aus- grenzung und Diskriminierung der Vernichtung (durch Hunger, Krankheit, Arbeit, medizinische Experimente und Vergasung) zugeführt wurden. Vor 1939 waren Jüdinnen und Juden in ganz Europa zuhause. Diese jüdische Welt gibt es nicht mehr. Dem antisemitischen NS-Regime ist gelungen, was viele Anhänger:innen wollten – die „Endlösung der Judenfrage“. Jüdinnen und Juden, von Deutschen zu Ungeziefer erklärt, wurden in ganz Europa systematisch gekennzeichnet, ausgeson- dert, gesammelt und ermordet. Das war unvorstellbar und bleibt bis heute schwer zu verstehen. Was unmöglich schien wurde möglich. Und wenn es möglich war, ist es wieder möglich. So ist ein Grund dieser Fahrt benannt. Damit es nicht wieder geschieht, sind Verstehen, Reflexion, Dialog und die eigene Antwort auf Fragen wichtig wie, Wer will und kann ich sein, damit ich so etwas nicht tue? Dieser Versuch, eine heutige Sicht auf diese Realität zu gewinnen, bleibt eine Annäherung, ist aber notwendig, um Auschwitz zu begreifen und zu geben was lebensnotwendig gewesen wäre: die Opfer als Menschen anzuschauen und ihnen in der Erinnerung jene Würde zu geben, die ihnen abgesprochen wurde. Wer Auschwitz so zu begreifen sucht, berührt eine offene Wunde der Menschheits- und der eigenen Geschichte. Diese Wunde hat mit unserer Identität zu tun. Wer, wie, wo wäre ich damals gewesen? Was ist zum Leben wesentlich? Wer bin ich in meiner Verantwortung vor den Menschen und vor Gott? Wenn es mir schwer fällt, diese Fragen zu beantworten, dann muss ich auch gestehen, dass ich noch viel weniger verstehe, was die Begegnung mit Auschwitz für den Anderen bedeutet. Der Dialog nach Auschwitz ist eine Begegnung von Verwundeten. Dabei ist es oft besser, die Wunde nicht direkt zu berühren, sondern das Leben, das gesunde Gewebe um sie herum, zu stärken. Der Dialog nach Auschwitz fängt mit vertrauensbildenden Maßnahmen an. Das setzt voraus, dass ich die / den Anderen annehme und achte, wie sie / er ist, in ihrer / seiner Andersheit, mit ihren / seinen Wunden. Die wichtigste Aufgabe für einen solchen Dialog während der ganzen Reise, ist das Vorbereiten dieser Vertrauensebene. Dabei beginnt vieles mit Schweigen und Hören: Schweigen und Hören 54 Campus