Ebnet die Hochschule Niederrhein (HSNR) bald womöglich den Weg für eine intelligente Lösung, wie sich Waschmittel grüner und das Wäschewaschen noch umwelt- und energieschonender gestalten lässt?
Zumindest arbeitet eine Forschungsgruppe aus den Fachbereichen Chemie und Elektrotechnik/Informatik in den kommenden drei Jahren an einem Vorhersagemodell, das auf Künstlicher Intelligenz (KI) basiert und eine völlig neue Steuerungsgröße in der Enzymtechnik hervorbringen könnte. Das Forschungsprojekt „GreenProtAct“ fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 515.000 Euro.
Deutsche Haushalte verbrauchen jährlich 500.000 Tonnen Waschmittel. Schon lange werden Enzyme eingesetzt, die das Wäschewaschen viel umweltverträglicher gemacht haben: Sie kommen mit niedrigen Temperaturen aus, senken den Produktverbrauch und ersetzen schwer abbaubare Chemikalien.
Doch chemische Zusatzstoffe (Additive) sind für den Waschvorgang bislang unverzichtbar. Für noch grüneres Wäschewaschen wird daher nach biobasierten Alternativen gesucht, die eine ähnlich hohe Reinigungsleistung bei niedriger Temperatur schaffen. Die zu finden, erweist sich aber als schwierig, da die Schmutzentfernung erst durch das kooperative Zusammenwirken aller Waschmittelbestandteile entsteht. Das könnte sich womöglich bald ändern:
Die HSNR möchte nachhaltige Zusatzstoffe identifizieren, die optimal zusammen mit Enzymen reagieren. Diese sind der Natur entnommen beziehungsweise nachempfunden – und damit ein umweltschonender Ersatz für die chemischen Additive. Das Besondere aber ist: Als „Booster“ sollen sie den Proteinen zusätzlich einen Aktivitätsschub verleihen.
Das Wissen, das das Forschungsteam aus neuartigen Versuchen mittels Künstlicher Intelligenz gewinnt, könnte wegweisend für den kooperativen Einsatz biobasierter Chemie und Enzymen sein.
Das allerdings ist ein komplexes Unterfangen, das viel Zeit und Fachexpertise benötigt. Zum ersten Mal tun sich deshalb die beiden hochschuleigenen Institute HIT und ILOC zusammen. Spezialisten aus Enzymtechnologie, Grenzflächenchemie und Maschinellem Lernen bündeln ihre Kompetenzen, um ein ideales Zusammenspiel zwischen nachhaltigen Hilfsstoffen und Enzymen bei der Schmutzentfernung zu ermöglichen.
Während das Institut für Oberflächentechnologie HIT mittels Künstlicher Intelligenz geeignete grüne Hilfsstoffe ermittelt, misst und überprüft das Institut für Lacke und Oberflächenchemie ILOC, wie diese tatsächlich mit den Enzymen wirken.
Mit BASF ist ein starker Kooperationspartner mit im Boot. Der Chemiekonzern überprüft die Forschungsergebnisse direkt im Waschversuch.
An dem wissenschaftlichen Projekt forscht auch Sedef Eyeoglu, die an der HSNR Angewandte Chemie im Master studiert hat. „Das ist ein sehr spannendes Thema für die Zukunft. Diese Grundlagenforschung kann dazu verhelfen, die Industrie grüner zu machen, könnte aber auch langfristig in anderen Bereichen als der Waschmittelbranche Anwendung finden“, sagt die 25-Jährige, die zu dem Thema promovieren wird.
„Die Kooperation mit dem HIT ermöglicht uns völlig neue Wege. Früher hätte ich es nicht für möglich gehalten, die Wechselwirkungen von Enzymen mit einzelnen Stoffen im Waschmittel aufzuklären“, sagt Prof. Dr. Kerstin Hoffmann-Jacobsen. Sie ist die Projektkoordinatorin und forscht im Bereich biophysikalische Chemie dazu. Von dem Projekt erhofft sie sich völlig neue Erkenntnisse über chemische Enzymregulierung.