Craft Beer oder Nudeln aus Möhrenschalen, kalorienarme Chips aus Süßkartoffelresten und Aufstrich aus Tomatenkappen: Der Hochschule Niederrhein und weiteren Projektpartnern ist es unter anderem gelungen, aus Lebensmittelresten Gesundes auf Teller, in Tüten oder Dosen zu bringen.
Über zwei Jahre lang hat ein deutsch-niederländisches Forschungsteam für das Projekt „Sun“ (sustainable and natural sidestreams) analysiert, getestet, getüftelt und entwickelt. Was sonst beim Sortieren, Schälen oder Konfektionieren von Obst und Gemüse nicht verwertet werden kann und entsorgt werden würde, mündete in ganz neue Produkte. Zudem wurden Substanzen aus Reststoffen isoliert, um sie für bestehende Rezepturen zu nutzen. Analytik, Trocknungstechnik und Produktentwicklung gingen dabei Hand in Hand.
Gefördert wurde das Projekt mit rund 1,69 Millionen Euro. Dafür haben sich die Hochschule Niederrhein, die Universität Maastricht sowie deutsche und niederländische Unternehmen zusammengetan. Jetzt feierten die Beteiligten den Abschluss des Projekts, das von dem grenzübergreifenden Programm INTERREG unterstützt wurde.
Die Hochschule übernahm in dieser Konstellation die Projektkoordination: Sie fungierte als Schnittstelle zwischen Lehre, Forschung und Wirtschaft, stellte den Förderantrag, verwaltete die Fördergelder und übernahm die Öffentlichkeitsarbeit. Von den 1,69 Millionen flossen 780.000 Euro an die Hochschule.
Weil der Projekt-Startschuss in die Corona-Pandemie fiel und Forschung vor Ort 2020 kaum möglich war, war der Förderzeitraum von ursprünglich zwei auf drei Jahre verlängert worden. Überhaupt stellte das Virus alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Corona traf insbesondere Unternehmen aus der lebensmittelverarbeitenden Industrie, was vielerorts zu Existenzängsten führte. Die teilnehmenden Partner zogen dennoch mit und brachten sich in das Projekt mit ihren Ideen und Fertigkeiten mit ein.
Als einer der größten Erfolge beziehungsweise Meilensteine der Zusammenarbeit gilt die Isolation bioaktiver Substanzen, die beispielsweise als natürliche, funktionelle Lebensmittelzusätze dienen. „Wir konnten den grünen Farbstoff aus Pflanzen selektieren und haben uns damit beschäftigt, wie er farbstabil gemacht werden kann“, sagt Projektmanagerin Andrea Finken. Als besonders geeignet erwiesen sich Extrakte aus Grünkohlputzresten, Gurkenschalen und Kohlrabiblättern.
Beteiligt an der Forschung und Entwicklung waren Masterstudierende und Forschende aus dem Fachbereich Oecotrophologie.
„Die Integration von Fragestellungen des INTERREG-Projektes in die Studienarbeiten war für unsere Studierenden eine hervorragende und höchst anschauliche Möglichkeit, um erfahren und austesten zu können, was angewandte Forschung bedeutet und leisten kann.“, sagt Prof. Dr. Georg Wittich, Lebensmittelchemiker, Projektteilnehmer und Dekan des Fachbereichs Oecotrophologie.
Neben neuen Produkten wie Mayonnaisen und Pasten, die abseits des Projekts im nächsten Schritt marktreif gemacht werden könnten, gibt es weitere Errungenschaften. Laut Finken wurden die Trocknungs-und Filtrationsverfahren teils neu entwickelt und optimiert. Die Uni Maastricht hat rechtlich geprüft, welche Lebensmittelreststoffe verarbeitet werden dürfen und für die Verbraucherinnen und Verbraucher unbedenklich beziehungsweise sicher sind.
Und noch einen schönen Effekt hatte die Zusammenarbeit, bilanziert Finken: „Trotz Corona haben wir es geschafft, die Grenzen zwischen Deutschland und der Niederlande zu überwinden.“
Die Kooperationspartner konnten das große Know-How in ihrem jeweiligen Themengebiet austauschen und so viel voneinander lernen. Deshalb soll mit Ablauf der Förderperiode die Arbeit nicht abrupt enden. Die Projektteilnehmer wollen auch künftig gemeinsame Wege gehen. „Es gibt schon Gespräche über Nachfolge-Projekte mit Universitäten und Unternehmen“, verrät Projektmanagerin Finken.