Lacke finden sich in unserem Alltag überall, häufig in Form von Beschichtungen. Autolacke, Tischversiegelungen oder die Verschalung des PC, hier kommen Lacke mit bestimmten Eigenschaften zum Einsatz. Die Entwicklung von neuen Lacken und Farben sind für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ein langer und kostenintensiver Prozess. Mithilfe von Automatisierungen und Künstlicher Intelligenz möchten Forschende der Hochschule Niederrhein den Unternehmen einen effizienteren und ressourcenschonenderen Weg anbieten können. Das Projekt I²DACH wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 1,4 Millionen Euro gefördert.
In der Lack- und Farbenindustrie herrscht eine große Nachfrage nach umweltverträglichen Produkten. KMUs müssen diese jedoch laufend an neue Anforderungen und gesetzliche Regelungen anpassen. Diese Prozesse dauern aus Wettbewerbssicht zu lange. „Auch in der chemischen Industrie ist die Digitalisierung ein entscheidender Faktor beim Übergang zu einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Zukunft“, sagt Dr. Christoph Quix, Professor für Data Science am Fachbereich Elektrotechnik und Informatik.
„Normalerweise werden bei der Entwicklung viele verschiedene Rezepturen erprobt. Wir automatisieren diesen Vorgang, sodass Ressourcen und auch Zeit eingespart werden“, sagt Prof. Dr. Quix. Im Projekt werden Verfahren zur Formulierung, Applikation und Charakterisierung von Farben und Lacken entwickelt, die dann auf einer modernen Hochdurchsatz-Anlage am Institut für Oberflächentechnik HIT der Hochschule Niederrhein umgesetzt werden. Dabei arbeitenden Forschende aus den Bereichen Chemie, Automatisierung und Data Science eng zusammen.
„Wir können die Entwicklungsprozesse zusätzlich beschleunigen, da von der Künstlichen Intelligenz vorab errechnet werden kann, ob eine Rezeptur vielversprechend ist oder nicht weiterverfolgt werden sollte. Wir automatisieren also nicht nur das Anmischen, Auftragen und Prüfen von Lacken, sondern bereits die Entwicklung neuer Farben“, erklärt Prof. Dr. Quix. Derzeit lernt der Experte für Data Science die Maschine mit Datensätzen an.
Nachdem eine Rezeptur entwickelt wurde, kann diese in der Anlage aufgetragen und auf ihre Eigenschaften geprüft werden. „Dabei kann die Maschine einen flüssigen Lack bereits auf seine Eigenschaften im getrockneten Zustand analysieren. Man spart also auch hier Zeit“, erklärt Quix. Nachdem der Lack trocken ist, werden weitere Funktionen überprüft, wie zum Beispiel die Kratzfestigkeit. „Bei einem Kratztest kann die Maschine die Qualität objektiv bewerten. In der Industrie werden oft noch manuelle Testverfahren eingesetzt, das Ergebnis ist dann sehr subjektiv. Die Maschine errechnet das Ergebnis immer aufgrund der gleichen Kriterien und ist deswegen genauer“, sagt Prof. Dr. Quix.
Neben den Fachbereichen Chemie und Elektrotechnik und Informatik sind auch die Hesse GmbH & Co. KG aus Hamm und ORONTEC GmbH & Co KG aus Dortmund Projektpartner. Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren. Derzeit entstehen im Rahmen der Forschung auch vier Doktorarbeiten in kooperativen Promotionen mit der RWTH Aachen und der Universität Duisburg-Essen.