Ist die Fachliteratur aus der Stadtbücherei schon verliehen? Was muss ich tun, wenn ich meinen Personalausweis verloren habe? In welchen Raum muss ich, wenn ich meinen Anwohnerausweis beantragen will? Solche Fragen könnten künftig in Verwaltungen oder Bibliotheken sogenannte soziale Roboter beantworten, für die derzeit ein System programmiert wird, an dem auch die Hochschule Niederrhein (HSNR) mitwirkt.
Fünf Partner mit unterschiedlichen Kompetenzen bilden einen Forschungsverbund, der in den kommenden drei Jahren das Kompetenzzentrum Soziale Robotik im Ruhrgebiet aufbaut – kurz „RuhrBots“. Involviert sind neben der HSNR die Hochschule Ruhr West,
die Hochschule für Verwaltung und Polizei NRW, die Evangelische Hochschule Nürnberg und das Fraunhofer-InHaus-Zentrum. Dafür gibt es 4 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Miteinander durch Innovation“. Von der Fördersumme fließen rund 523.000 Euro an die HSNR.
Das Team von „RuhrBots“ erforscht, wie gut soziale Roboter in den Stadtverwaltungen auf die Bedürfnisse der Besucherinnen und Besucher abgestimmt sind, welche Hürden bestehen und was passieren muss, damit solche Assistenz-Systeme wirklich akzeptiert und gern genutzt werden. Getestet werden sollen die zu entwickelnden Systeme beispielsweise in den Stadtbibliotheken Bottrop und Duisburg.
Dass sich der Verbund auf das Ruhrgebiet konzentriert, ist kein Zufall: In keiner anderen Region ist die Bevölkerung so vielfältig. Die Diversität in Bildung, Alter, Kultur und Einkommen ermöglicht spannende Forschungsfragen.
„Mittels künstlicher Intelligenz sollen verschiedene Sprachen, Emotionen, Stimmungen sowie Gestik und Mimik aller Personengruppen berücksichtigt werden“, sagt Professor Dr. Edwin Naroska vom hochschuleigenen Kompetenz-Zentrum FAST. Denn so manches Robotik-System stößt dabei noch an seine technischen Grenzen. Kopftuch, medizinische Maske, Rollstuhl – schon aufgrund von Sprachbarrieren, körperlichen Einschränkungen oder wegen besonderer kultureller Hintergründe haben manche Personen andere Sorgen, Ängste und Wünsche als andere. Dass moderne Robotik-Systeme dies erkennen, ist dem Forscherteam ein großes Anliegen. „Wir möchten ein System schaffen, das eine reibungslose Interaktion mit unterschiedlichen Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht und jeden mit einbezieht“, sagt Naroska.
Bevor die Systeme im Echtbetrieb in Bibliotheken getestet werden, gibt es Probedurchläufe. Hier kommt die Hochschule Niederrhein ins Spiel: Das FAST-Kompetenz-Zentrum entwickelt dafür Showrooms und Real-Labors. In der technischen Umsetzung steuert es Soft- und Hardware bei und kümmert sich um Fragen rund um den Datenschutz.
Die sozialen Roboter sollen später im Empfangs- oder Wartebereich vor allem Orientierung bieten und Ansprechpartner sein. Sie könnten Vorgänge erklären oder Raumnummern benennen. Denkbar wäre auch, einen Vorleseroboter für Kinder zu entwickeln. Der weiß im Idealfall schon, was die kleinen Besucher bisher ausgeliehen haben – und kann ein passendes Buch auswählen.
Auch nach der Zufriedenheit könnten die Besucher vor Ort gefragt werden. „Spannend wäre zu wissen, ob sie eher bereit sind, einem Roboter gegenüber Kritik oder Wünsche zu äußern statt echtem Personal“, so Naroska. Bachelor- und Masterstudierende des Fachbereichs Elektrotechnik- und Informatik begleiten das Projekt als angestellte Mitarbeitende.
Solche Assistenz-Systeme können und sollen Verwaltungs-Mitarbeitende nicht ersetzen, aber in Zeiten des Fachkräftemangels eine gute Ergänzung sein. Die entwickelte Technik könnte nach Abschluss des Förderprojekts auch Unternehmen und anderen Externen zur Verfügung gestellt werden.