Auch ich hatte diese typischen Vorurteile im Kopf als ich 2013 mein Informatikstudium begann. Gestalten mit blasser Haut, deren natürlicher Lebensraum dunkle Kellerräume sind in denen sich eine Reihe von technischen Geräten aneinanderreihen. Mit dicken Brillen auf der Nase und schüchternem Verhalten. Jaja - dieses Bild kennen wir alle. Womöglich mag es diese auch irgendwo geben. Ich jedenfalls bin im Laufe meines Studiums keinem begegnet - im Gegenteil! Bereits in den ersten Wochen meines Studiums konnte ich schnell Anschluss finden und durfte wirklich tolle Leute kennenlernen. Jeder in seiner Art unterschiedlich und mit der ein oder anderen Macke - aber seien wir doch mal ehrlich: gibt es jemanden ohne diese gewissen Ticks? Ich denke nicht. Und früh habe ich gemerkt, dass es eine Sache gibt die uns alle verbindet und einen gemeinsamen Kontext schafft: die Begeisterung zur Technik!
Früher mögen diese Informatiker Klischees vielleicht häufiger zugetroffen haben. Heutzutage hat sich der Bereich der Informatik stark gewandelt. Das merkt man natürlich vor allem an der immer schneller fortschreitenden Technik: schneller, kleiner und immer effizienter soll es sein. Und das alles am besten noch für wenig Geld. Durch diesen riesigen Fortschritt ist ein enormes Wissen entstanden - es ist also kaum möglich, dass es jemanden gibt der sich mit jedem Bereich der Informatik bis ins Detail auskennt. Deshalb ist es umso relevanter geworden sich über Fachgebiete hinweg zu vernetzen, sich auszutauschen und gegenseitig zu ergänzen.
Natürlich benötigt man in der IT einen gemeinsamen Kontext und genug Wissen in seinem Fachgebiet. Aber noch viel wichtiger ist heutzutage die Fähigkeit zur Kommunikation! Dazu gehört unter anderem Teamfähigkeit, Empathie und auch eine gute Selbstwahrnehmung. Alle diese Dinge gehören zu den so genannten Softskills. Gerade von jungen Studenten wird der Erwerb dieser Fähigkeiten für den späteren Beruf häufig unterschätzt. Denn diese können bereits während des Studiums von großem Nutzen sein! Dabei werden einem als Studenten - zumindest wenn ich für unsere Hochschule Niederrhein spreche - so viele Möglichkeiten geboten. Sei es die Sommer beziehungsweise Winterakademie, das Tutorenprogramm oder andere Workshop Angebote.
Wenn ich für mich spreche kann ich sagen, dass mir das Studium nicht nur Wissen gebracht hat. Ich habe mich in meiner Persönlichkeit stark weiterentwickelt und bin wesentlich selbstbewusster geworden. Das möchte ich an einer Situation verdeutlichen, die vor meinem Studium für mich der reinste Horrer gewesen ist: vor vielen Leuten sprechen. Schon Tage vor solch einer Situation war ich aufgeregt, musste andauernd daran denken. Ganz zu schweigen von den Momenten kurz vorher: die Hände fingen an zu schwitzen, die Stimme wurde zittrig und im Kopf kreisten die verschiedenen Szenarien des Versagens. Was wenn ich etwas Falsches sage? Was wenn die Leute mich auslachen, wenn ich einen Fehler mache oder etwas nicht funktioniert? Für mich war vortragen wirklich eine Qual.
Während meines Studiums jedoch habe ich die verschiedenen Angebote wahrgenommen. Ich habe das Tutorenprogramm gemacht und Tutorien halten dürfen. Ich habe Workshops besucht in denen man mit verschiedenen Techniken lernt, seine Nervosität vor und während Vorträgen zu verlieren und wurde immer selbstbewusster. In meinen Tutorien und Präsentationen kam es schon bald zu vielen kleinen Erfolgserlebnissen die einen immer besser und solider werden lassen. Nun, am Ende meines Studiums, habe ich meistens überhaupt kein Problem mehr mit solchen Situationen.
Wie ihr bemerkt, habe auch ich meine Ticks und Macken. Aber bin ich deswegen jetzt ein "Nerd"? Wie definiert man heutzutage überhaupt einen "Nerd"? Ich denke, da gehen die Vorstellungen weit auseinander. Es kann positiv oder auch eher negativ bewertet werden. Aber halten wir uns doch nicht mit Definitionen auf - damit müssen wir uns immerhin schon genug in den Vorlesungen quälen.
Wir sind alle Individuen mit Stärken und Schwächen. Jeder ist verschieden und einzigartig. Sind wir dann nicht vielleicht alle ein kleiner "Nerd"?
Wie auch immer man sich diese Fragen beantworten mag: die Informatik heutzutage ist lebhafter, vielfältiger und aufregender als je zuvor und und weit entfernt von veralteten Vorstellungen eines Informatikers.
Autorin: Jennifer Gommans (Bachelor Informatik)