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Erfahrungsbericht zum dualen Studium

Eine Studentin aus dem Fachbereich 04 erzählt, wie sie zu einem dualen Studium gekommen ist und über die Vor- und Nachteile die dieses mit sich bringt.

In diesem Beitrag möchte ich Euch erzählen wie ich zum dualen Studium kam. Wie alles bei mir anfing: Schon sehr früh wusste ich, dass ich später irgendetwas Technisches machen möchte, hatte ich doch im zarten Alter von fünf Jahren meinen ersten Trennschleifer in der Hand. Für alle die damit nichts anfangen können, diese Gerät wird im Volksmund als Flex bekannt. Nicht nur technisch sollte es sein, nein, ich wollte auch Sachen anpacken können, mir die Finger schmutzig machen und am Ende stolz sein auf das, was ich selber geschafft habe.


Als ich also in die 12. Klasse kam, fielen die wirklich wichtigen Entscheidungen an. Man muss dazu sagen, dass ich keine Geschwister habe, ja, in manchen Augen also ein verwöhntes Einzelkind bin. Mein Vater wollte immer, dass ich nach der achten Klasse eine Ausbildung mache. Für ihn ist es das das einzig anständige in der heutigen Zeit. Man verdient schon in jungen Jahren sein Geld, kann für sich selber sorgen, ist unabhängig, alles super. Meine Mutter hingegen wollte immer, dass ich mich voll und ganz auf die Schule konzentriere, Abitur mache und danach studiere. Ich sollte bitte bloß keine Beamtin werden. Eine Beamtin in der Familie reicht ja schließlich auch.


Durch kurze Recherche bin ich dann auf den sogenannten Process Engineer aufmerksam geworden, zack, beworben. Natürlich habe ich mich direkt dual beworben. Jetzt zur Frage, die ihr euch sicherlich stellt: Wieso dual? Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten, denn ich wollte wissen wie es ist an den Bauteilen herumgeschraubt zu haben, die wir gerade in der Hochschule berechnen. Ein reines Studium wäre mir viel zu trocken gewesen und so habe ich es in Kauf genommen, dass ich zwar ein Jahr länger als andere studiere, danach aber meine Ausbildung und meinen Bachelor in der Tasche habe. Die Ausbildung und die damit verbundene körperliche Arbeit war immer eine willkommene Abwechslung zum Hochschulalltag mit den langen Vorlesungen, in denen man immer nur sitzt.


Natürlich hat diese Wahl auch den Vorteil, dass man während des Studiums die Semestergebühren erstattet bekommt und vom Ausbildungsgehalt auch ganz gut leben kann. Neben der Tatsache natürlich, dass man doppelt so viele super nette Menschen kennenlernt, denn man macht ja schließlich eine Ausbildung UND ein Studium.


Diese Entscheidung hat aber auch einige Schattenseiten. Jetzt beispielsweise ist es kurz vor acht und ich sitze noch immer vorm PC, weil der heutige Tag lang war. Morgen wird es auch wieder lang werden, aber danach ist ja zum Glück Wochenende. Wochenende heißt momentan bei mir die drei Korrekturen meiner Bachelorarbeit, die auf meinem Schreibtisch liegen in meine Arbeit einzupflegen. Dann ist auch schon wieder Montag. Bitte denk nicht, ich bereue auch nur eine Entscheidung, die ich getroffen habe. Nein. Ich mag meine Arbeit, sehr sogar. Ich mag auch die Kollegen. Ich wünsche jedem von euch solche Kollegen. Wir sind wie eine kleine Familie. Mit einem ganz großen Männerüberschuss.


Wie ihr Euch anhand der eben gelesenen Ausführungen denken könnt, die Freizeit kommt immer öfter zu kurz. Meine Familie und Freunde haben mich die letzten vier Jahre viel weniger zu Gesicht bekommen. Man lernt aber die wenige Zeit, die man miteinander hat, viel mehr zu schätzen. Die ein oder andere Freundschaft und meine Beziehung hat diese Tatsache auch gestärkt. Man kann das alles schaffen, wenn man die richtigen Leute um sich herum hat. Die einen in jeder Lebenslage unterstützen. Die vor allem sehr viel Verständnis haben.


Einen weiteren Nachteil möchte ich noch nennen. Ich weiß auch nicht was es heißt Semesterferien zu haben, denn dort habe ich immer Vollzeit gearbeitet. Ja, das habe ich mir so ausgesucht. Und ich bereue es nicht. Arbeit heißt um viertel vor fünf aufstehen, damit man pünktlich um sechs angezogen in der Werkstatt steht. In der Werkstatt dann viel körperliche Arbeit. Ich war jeden Tag nach der Arbeit fix und fertig, war zu nichts mehr zu gebrauchen... aber ich musste ja noch Praktika vor- oder nachbereiten und für Klausuren lernen. Da war doch was. Die Zeit in der Werkstatt war aber nicht nur hart, sie war vor allem lustig. Ich vermisse diese Zeit momentan etwas, da ich in den Endzügen meiner Bachelorarbeit bin und aktuell nur sehr wenig habe, an dem ich basteln darf und kann. Die Zeit als einziges weibliches Wesen mit all „meinen" Jungs war super.


Man kommt am ersten Tag im Betrieb in die Werkstatt und wird nur angestarrt. Wie eine Sagengestalt, eine Fata-Morgana. Für alle, die es bis jetzt nicht mitbekommen haben, ich bin eine Frau. Ja, eine Frau unter so vielen Männern, echten Kerlen. Eine Frau, die Verfahrenstechnik studiert und eine Ausbildung zur Industriemechanikerin in der Tasche hat. Alles in der Regelstudienzeit, auch wenn ich das ein oder andere Mal an mir gezweifelt habe.


Jetzt möchte ich euch aber nicht weiter langweilen, komme zum Schluss meiner vielleicht etwas wirren Ausführungen. Zum Abschluss noch mein persönliches Fazit des dualen Studiums: Es war genau die richtige Entscheidung, die ich für mich getroffen habe. Ich bereue keinen einzigen Tag. Wenn ihr euch genauso entscheiden solltet, bedenkt aber nicht nur das Geld, denkt bitte auch daran, dass es viel Disziplin braucht. Ihr werdet Abstriche machen müssen.


Solltet Ihr Fragen zum dualen Studium oder anderen Dingen haben, dann wendet euch einfach gerne an das MINT-Forum, wir helfen Euch gerne weiter!

 

Autorin: Anke Müller-Zaum (Bachelor Verfahrenstechnik, dual)