Lehrprojekt "SiTecPlus (Sicherheitstechnik Plus)",
Prof. Dr.-Ing. Heyko Jürgen Schultz
Herausforderung
Wie kann es gelingen, ein Praktikum zur Sicherheitstechnik interessant, fachlich anspruchsvoll sowie ansprechendunddigital zu gestalten?
Die Herausforderungen für das Projekt sind vielfältig, u.a.: Die chemisch-pharmazeutische Industrie in Deutschland ist im Umbruch („Chemie 4.0“). Dieser Umbruch ist u.a. gekennzeichnet durch Digitalisierung, weshalb die Vermittlung digitaler Kompetenzen ein wichtiger Baustein der akademischen Ausbildung ist. Lehre muss also digitaler werden. Unterschiedlicher Leistungsstand der Studierenden / Heterogenität Eine frühe Förderung und Forderung von Selbstorganisations-fähigkeiten ist in der heutigen Zeit ebenso wichtig, wie die Wissensvermittlung und Lehre des kompetenten Umgangs mit digitalen Medien. Gerade die hohe und weiter steigende Verantwortung von Führungskräften im Chemiesektor hinsichtlich Umwelt- und Arbeitssicherheit bedingt neue Methoden der Vermittlung und Fortbildung sicherheitstechnischer Kenntnisse bei sich ständig ändernden rechtlichen Grundlagen in der Umwelt- und Arbeitssicherheitsgesetzgebung. Dies wird zunehmend mit Hilfe digitaler Unterstützung versucht und umgesetzt und muss in Zukunft intensiviert werden, gerade auch bereits im akademischen Bereich.
Lösung
- Aus der Präsenzveranstaltung wird durch die digitale, aufwertende Darstellung von SiTecPlus eine maximal terminflexible und nach individuellen Ansprüchen geschwindigkeitsoptimierbare Lehrveranstaltung. Die flexible Zeitgestaltungsmöglichkeit der Veranstaltung fordert und fördert zusätzlich die Eigenlernkompetenz der Studierenden. Heterogene Leistungsvoraussetzungen der Studierenden können somit individuell ausgeglichen werden und verstärken dadurch die Qualität und Wirkung der Lehrveranstaltung deutlich. Um Heterogenität entgegen zu wirken sowie individuelle Fähigkeiten zu fördern werden optionale, freiwillige Zusatzaufgaben für Studierende mit gesteigertem Interesse an der Thematik bereitgestellt.
- Die simultane Nutzung von Audio und visuellem Medium in den Lehrsequenzen intensiviert die Wissensvermittlung. Durch die zyklische Überprüfung des Verständnisses werden die Studierenden angehalten, sich intensiv und aufmerksam mit dem Lehrstoff zu beschäftigen. Die Wissensüberprüfung der Lehreinheit stellt sicher, dass die Studierenden den gesamten Inhalt dieser Lehreinheit erfasst haben. Die finale Wissensüberprüfung dient gleichzeitig als Abtestat und dokumentiert damit die Erarbeitung des zu vermittelnden Wissens. Die unbegrenzte Wiederholungsmöglichkeit der Wissensvermittlungssequenz gestattet die individuelle Anpassung an die persönliche Lerngeschwindigkeit der Studierenden und stellt sicher, dass das gesamte Wissen ohne Lücken erfasst wird.
- Praktikumsthemen werden besser verinnerlicht.
Vorteile
- Durch den sinnvollen Einsatz digitaler Elemente wird den Herausforderungen der Arbeitswelt in Zeiten von „Chemie 4.0“ begegnet und es wird ein einheitlicher Wissensstand am Ende der Veranstaltung erzielt.
- Auch die eigenverantwortliche Bearbeitung des Lehrstoffs hat den zusätzlichen Vorteil, dass die Studierenden Zeiten mit geringer Arbeitsbelastung oder erhöhter Aufnahmefähigkeit nutzen können, um sich mit dem Stoff auseinander zu setzen. Der effizientere Umgang mit der Zeit liegt dabei auf der Hand.
- Gleichzeitig kann abhängig vom individuellen Lernstand das Online-Angebot so oft wie nötig genutzt werden, anstatt eines einmaligen Termins wie bislang im Rahmen der Präsenzveranstaltung.
- Eine „trockene“ Thematik wie Sicherheitstechnik kann unter Nutzung moderner Lehrmethoden didaktisch attraktiv und fachlich anspruchsvoll sowie ansprechend vermittelt werden.
Details
Relevante Rahmenbedingungen der Veranstaltung:
- Titel Lehrveranstaltung / Modul: Sicherheitstechnik Praktikum / Modul Chemische Technik II (Betriebsingenieurtechnik)
- Studiengang: Chemieingenieurwesen
- Lehrveranstaltungsformat: Praktikum zur gleichnamigen Vorlesung
- Gruppengröße: Alle BEng-Studierende, ca. 40-80
- Turnus: Wintersemester, Nachrücker im Sommersemester
- ECTS-Umfang: Ca. 2,5 CP (Gesamtmodul: 10 ECTS)
- Prüfungsformat: Testat (Berechnung sicherheitstechnischer Aufgaben)
Beschreibung der Lehrinnovation / des Lehrkonzeptes und konkrete Umsetzungsmaßnahmen:
- Die Weiterentwicklung des Sicherheitstechnik Praktikums durch das Projekt SiTecPlus ermöglicht eine Ausdehnung und Intensivierung der Lernziele und Inhalte durch Optimierung der Methoden der Wissensvermittlung und Erfolgsüberprüfung.
Neben der Wissensvermittlung über die grundständige Sicherheitstechnik wird auch der Umgang mit digitalen Medien geübt. Die Schlüsselkompetenzen der Zukunft in der Arbeitswelt von „Chemie 4.0“ werden somit fachintegriert vermittelt.
Da es sich beim Lehrstoff um einen wesentlichen Bestandteil des Studiums und Arbeitslebens handelt, profitiert von dem Projekt eine große Zahl der Studierenden des Chemieingenieurwesens. Dabei wird streng auf eine konsekutive Verknüpfung sowie Vernetzung der Inhalte des Sicherheitstechnik Praktikums sowie der zugehörigen Sicherheitstechnik Vorlesung geachtet. - Für die Digitalisierung des Sicherheitstechnik Praktikums im Rahmen des Projekts SiTecPlus kommt die Lernplattform Moodle zum Einsatz.
- Im Rahmen des Projekts SiTecPlus wird der Inhalt des Praktikums im Rahmen kleiner Selbstlerneinheiten als Online-Präsentationen bzw. Screen-Casts vorbereitet und vertont. Während der Lehr- und Inputeinheiten erfolgt ein Abspielen der Tonaufnahmen und parallel dazu die Anzeige der didaktisch gehaltvollen Folien auf die sich über die Tonspur bezogen wird und die wesentliche Inhalte unterstreichen. Diese Kopplung von Audio und Visuellem wird durch die Nutzung des Softwaretools Camtasia erreicht.
- Die Lehreinheiten zu praktischen Berechnungs- und Auslegungsversuchen werden in Sequenzen unterteilt, sodass ein Lernpfad für die Studierenden vorgegeben wird. Nach fachlich sinnvollen Themenabschnitten erfolgen Verständnisabfragen des vermittelten Wissens, wobei mit Hilfe verschiedener Fragetypen Abwechslung in die Abfrage gebracht wird. Werden die Fragen mit vorgegebenem Zielerreichungsgrad korrekt beantwortet, wird im Lernpfad die nächste Sequenz freigeschaltet (Gaming-Elemente, Level-Up-Strategie).
Bei unzureichender Beantwortung mit weniger als 75% Ausbeute wird die Lehreinheit nicht anerkannt. Zwar wirken 75% notwendige Ausbeute hoch, bei sicherheitstechnischen Betrachtungen ist dies jedoch ein eher niedriger Anforderungsgrad, da es in der Realität zu Personen-, Umwelt- und Sachschäden kommen könnte, wenn eine Methodik nur "ausreichend" beherrscht wird. - Dennoch soll hier betont werden, dass es innerhalb des Praktikums nicht um Noten geht, sondern um qualitative Zielerreichung.Es sind unbegrenzte Wiederholungen der Lehrsequenz mit anschließender Abfrage möglich. Auch die Möglichkeit zum Pausieren während der Lehrsequenzen besteht jederzeit, um sie zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen.
- Zum Abschluss der gesamten Lehrveranstaltung werden Aufgaben zu jedem Themenbereich gestellt, die in Gruppen im Sinne des kollaborativen Lernens zu bearbeiten sind. Die Ergebnisaufbereitung wird angekündigt computergestützt erwartet, z.B. mit Excel & Word. Erst nach zufriedenstellender Bearbeitung der Aufgaben wird das Teilmodul Praktikum Sicherheitstechnik anerkannt.
Kommunikation und Aufgabeneinreichung sowie Feedback sollen weitgehend digital erfolgen. Dennoch werden Präsenz- und/oder Online-Termine ergänzend angeboten.
Lehr-/Lernmethoden bzw. digitale Medien
Digitale Medien/Infrastruktur:
- Lernplattform Moodle → Digitalisierungsplattform und Arbeitsumgebung
- Camtasia → Software zur Erstellung der Screen-Casts
- Office-Präsentationsprogramm → Selbstlerneinheiten als Online-Präsentationen
- Zoom → ergänzende Online-Termine
Lehr-/Lernmethoden u.a.:
- Sequenzierte Lehreinheiten mit vorgegebenem Lernpfad
- Zwischenabfragen, Multiple Choice Verständnisabfrage und andere Fragetypen.
- Gaming-Elemente, Level-Up-Strategie
- Je nach Kenntnisstand individuelle Wiederholungsmöglichkeiten.
- Orts- und zeitunabhängige Lernmöglichkeit, auch mit der Möglichkeit zum Pausieren während der Lehrsequenzen → Individuelles Lernen.
- Mediendidaktisches Szenario eines hybriden Lernarrangements durch Kopplung von Selbstlernphase und Abstimmungsterminen, natürlich weiterhin mit der Möglichkeit zum persönlichen Gespräch mit dem Dozenten.
- Präsenztermine effektiver nutzbar im Sinne von Flipped Classroom zur Vertiefung sowie Problemklärung.
- kollaboratives Lernen und Team-Bildung durch Gruppenarbeit.
Stolpersteine
- Umsetzung der Zwischenabfragen ist didaktisch aufwendig
- Erstellung Screen-Casts ist ebenso aufwendig.
- Upload-Limit von 100MB pro Selbstlerneinheit in Moodle ist störend.
- Heterogenität digitaler Fähigkeiten der Studierenden.
Empfehlung
- Zwischenabfragen kommen bei den Studierenden sehr gut an.
- Gaming-Elemente und Level-Up-Strategie sehr empfehlenswert.
- Camtasia hat sich als sehr effektiv herausgestellt.
- Ein qualitativ hochwertiges Mikro fördert das aufmerksame Lernen.
Beteiligt
Umsetzung/Unterstützung durch:
- Pia Annas → Mediendidaktikerin des FB01
- Studentische/Wissenschaftliche Hilfskräfte für Moodle-Umsetzung: Cristin Harms, Lars Wycisk, Christian Kessel
- Laboringenieurin: Svenja Schramm
- Wissenschaftliche Mitarbeiter*In: Lisa Marie Radeke, Marian Matzke
- Lehrperson: Prof. Dr.-Ing. Heyko Jürgen Schultz
Links / Hinweise