ZIM-gefördertes Projekt: Medred
Maschine Learning in der Gesundheitsvorsorge

Nehmen Sie Ihre Gesundheit selbst in die Hand.

Herausforderung der modernen Präventionsmedizin

Prävention und Gesundheitsförderung sind von essenzieller Bedeutung für die individuelle Gesundheit sowie für die Gesundheit von Unternehmen und der Bevölkerung. Vermeidbare Erkrankungen sowie die Früherkennung von Krankheiten können nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden verbessern, sondern auch Krankheitsfälle im Unternehmen reduzieren. Die Herausforderung besteht jedoch in der effektiven Umsetzung präventiver Maßnahmen in der medizinischen Praxis. Zum Teil fehlt es seitens der Bevölkerung an ausreichender Akzeptanz von Präventionsmaßnahmen – insbesondere in der Primärprävention, in der noch keine Erkrankung oder Risikofaktoren vorliegen. Oft fehlt ein Anreiz für eine dauerhafte Veränderung des Lebensstils, selbst wenn entsprechende Risikofaktoren bereits identifiziert wurden. Hinzu kommt, dass das Gesundheitssystem allgemein eher darauf ausgerichtet ist, bestehende Erkrankungen zu behandeln, als langfristige Präventionsstrategien zu entwickeln.

An dieser Stelle soll das Innovationsprojekt „MedRed“ ansetzen. Denn es mangelt bisher an niederschwelligen Angeboten zur individuellen Ermittlung von Präventionsmaßnahmen, die sowohl persönliche Risikofaktoren berücksichtigen als auch konkrete Präventionsempfehlungen aussprechen. Um dem Trend entgegenzuwirken, dass ärztliche Check-ups vor Ort seltener wahrgenommen werden und der Bewegungsapparat durch Home-Schooling und Home-Office infolge der Corona-Pandemie weniger belastet wird, soll ein Diagnose-Tool entwickelt werden. Dieses Tool soll Gesundheitsdaten analysieren und gezielt Präventionsmaßnahmen für seine Nutzer aussprechen können.

Bisher haben Remote-Diagnostik-Tools nur einzelne anatomische oder funktionelle Aspekte untersucht und somit nur eine Lösung in einem gesundheitlichen Teilbereich geliefert. Eine vollständige Untersuchung durch einen Arzt oder eine Ärztin war daher bislang immer noch erforderlich. Durch die Vernetzung und Integration der Daten aus den einzelnen Modulen, die für die Diagnoseanalyse verwendet werden, ist zu erwarten, dass eine Zusammenführung erreicht wird, die qualitativ dem Stand einer ärztlichen Untersuchung entspricht und somit die Notwendigkeit von Check-ups vor Ort reduziert.

Bisher wurden vor allem regelbasierte Modelle eingesetzt, die der Qualität ärztlicher Diagnosen nicht gerecht werden. Ziel dieses Projekts ist daher der Einsatz von Machine-Learning-Algorithmen, um mittels E-Modul-Lösungen auch Daten geringerer Fidelität so zu analysieren, dass sie einer vollumfänglichen ärztlichen Untersuchung gleichstehen.

Intelligente Remote-Diagnostik

 

 

 

Um die beschriebenen Probleme anzugehen, soll – wie bereits erwähnt – ein Remote-Diagnostik-Tool entwickelt werden. Dieses soll vor allem eine niederschwellige Lösung für die personalisierte Prävention und Früherkennung von Krankheiten im Heimumfeld realisieren. Es soll teilweise umfassende Gesundheitscheckups, die sonst vor Ort von Ärzt:innen durchgeführt werden, ersetzen können. Hierzu soll eine integrierte Lösung mittels maschinellen Lernens unter Berücksichtigung verschiedener Fidelitätsstufen entwickelt werden. Die probabilistischen Methoden sollen die Analyse von hochdimensionalen Daten und deren Prädiktion ermöglichen und die Fähigkeiten regelbasierter Systeme weit übersteigen.

Die Daten, mit denen das Modell trainiert wird, stellen High-Fidelity-Daten dar, die im Rahmen von Untersuchungen durch medizinisches Personal erfasst werden. Später soll in der Anwendung des Diagnosetools durch die Erhebung von Low-Fidelity-Daten der Anwender eine Diagnosestellung erreicht werden, die den hochwertigen Daten gleichwertig ist. Die einzelnen All-in-One-Modelle, die Gesundheitsdaten vom Anwender erfassen, sollen diese Daten zu einem multidiagnostischen Tool zusammenführen, das den Gesundheitszustand in einem personalisierten Metamodell abbildet. Die identifizierten Risikofaktoren sollen dazu dienen, individualisierte Präventionsmaßnahmen zu empfehlen, um perspektivisch die Entstehung von Krankheiten zu verhindern, Krankheitsvorstufen früher zu diagnostizieren und medizinische Eingriffe oder krankheitsbedingte Arbeitsausfälle zielgerichtet zu reduzieren.

Für die Nutzung wird eine neuartige Benutzeroberfläche (UI) entwickelt, die sowohl die Eingabe als auch die Ausgabe der relevanten Präventionsmaßnahmen auch für nicht technisch affine Menschen einfach zugänglich macht. Ziel dieser Software ist es letztlich, die erfolgreiche Etablierung von Remote-Diagnostiktools zu erreichen, die Hürden für Anwender zu senken und sie dazu zu motivieren, Ärztinnen und Ärzte aufzusuchen – um konkrete Präventionsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen und somit einen echten Mehrwert für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung zu bieten. Ferner soll sie die Erstellung individualisierter Präventionspläne sowie eine hochwertige Gesundheitsvorsorge im Heimumfeld ermöglichen. Die Lösung soll zudem die Beobachtung des Verlaufs des Gesundheitszustands erlauben und eine entsprechende Anpassung der Gesundheitsmaßnahmen unterstützen.

Maschinelles Lernen trifft Gesundheitsmanagment

Um sich diesem Problem zu stellen, haben sich CorporateHealth – die Gesundheits Company GmbH – und das Institut für Modellbildung und Hochleistungsrechnen zusammengeschlossen. CorporateHealth, gegründet im Jahr 2014, hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zu einem besseren Gesundheitsmanagement für Unternehmen und ihre Mitarbeiter zu leisten. Dafür bieten sie einen Rundum-Service für Manager und Mitarbeiter an, analysieren umfassend die persönliche Gesundheit und kümmern sich um Präventionsprogramme. Die Check-ups von CorporateHealth finden dabei an 26 zertifizierten Präventionszentren deutschlandweit statt. Zielsetzung ihres Check-up-Konzepts ist es, alle wichtigen körperlichen Funktionsbereiche medizinisch zu analysieren und mögliche Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen.

Im Rahmen des Projekts sorgt CorporateHealth für die High- und Low-Fidelity-Datenerhebung von Biomarkern, die für ein Präventionstool erforderlich sind. Darüber hinaus sind sie an der Markteinführung und somit an der Entwicklung eines zugänglichen Frontends der neuartigen Diagnose-Tools zur Ergänzung ihres Leistungsportfolios zuständig.

Das Institut für Modellbildung und Hochleistungsrechnen der Hochschule Niederrhein stellt in diesem Projekt die Kernkompetenz im Bereich maschineller Lernalgorithmen dar, die die Daten von CorporateHealth analysieren und sich vor allem mit der Entwicklung von ML-basierter Risikoerkennung und Präventionsmaßnahmen beschäftigen.

Die Idee zum Projekt "MedRed" entstand im Rahmen des Innovationsnetzwerks AIMECA - künstliche Intelligenz in der medizinischen Versorgung, das über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) gefördert wird. Die Mitgliedschaft unterstützt die Partner:innen bei der Realisierung von F&E-Projekten sowie bei der Sicherstellung der Finanzierung. AIMECA wird von der IWS GmbH betreut, die auch das Antragsmanagement der Kooperationsprojekte übernimmt und die Mitglieder bei der Entwicklung neuer Technologien begleitet.

Intelligente Risikoerkennung
Deep Gaussian Covariance Network

Das Institut für Modellbildung und Hochleistungsrechnen hat die Aufgabe, eine ML-basierte Diagnose zu entwickeln, die es ermöglicht, durch die Eingabe von Gesundheitsdaten mittels kostengünstiger Erhebungsverfahren – etwa durch Fragebögen oder einfache Blutbilder – mithilfe sogenannter „Low-Fidelity“-Daten Risikofaktoren im Gesundheitsbild der Anwender zu erkennen. Das Training des Modells erfolgt dabei mit „High-Fidelity“-Daten, also solchen, die in aufwendigeren und teureren medizinischen Verfahren erhoben werden und eine höhere Aussagequalität bieten.

KI durch Kovarianz Netze

Im Fokus steht zunächst die Identifikation sogenannter Multi-Fidelity-Ansätze, also die Nutzung von Datensätzen mit unterschiedlicher Genauigkeit und Auflösung, wie zuvor beschrieben. Es sollen Verfahren ermittelt werden, die in der Lage sind, physiologische Parameter mithilfe von High- und Low-Fidelity-Daten präzise zu beschreiben. Geeignete Verfahren werden anschließend mit den High-Fidelity-Daten trainiert, um später Low-Fidelity-Daten für Vorhersagen in Echtzeit nutzen zu können.

Neuartig entwickelte ML-Verfahren wie Deep Gaussian Covariance Networks (DGCN) sollen als probabilistische Methode eingesetzt werden, um Risikoaussagen durch individuelle Auffälligkeiten in den Messwerten zu erkennen und unter Einbeziehung von Unsicherheiten diagnostische Entscheidungen zuverlässigkeitsbasiert zu treffen. Für jeden Patienten soll ein personalisiertes Gauß-Kovarianznetz trainiert werden, um so die Genauigkeit regelbasierter Befundungen zu übertreffen und den Stand der Technik bisheriger Systeme weit zu überschreiten.

Die Modelle werden darauf trainiert, mit Low-Fidelity-Daten qualitativ hochwertige Befundungen durchzuführen. Regressionsmodelle schätzen die Wahrscheinlichkeit von Messungenauigkeiten und identifizieren relevante Pathologien. App-basierte Gesundheitsdaten der Proband:innen verbessern kontinuierlich die personalisierten Ergebnisse, während ärztlich annotierte Daten als Referenz dienen. Sollte die Regression zwischen Low- und High-Fidelity-Daten unsicher sein, wird ein Arzttermin empfohlen.

Pressemiteilung: AIMECA - https://aimeca.net/projekte/medred

Pressemiteilung HSNR: https://www.hs-niederrhein.de/startseite/news/news-detailseite/projekt-medred-ki-hilft-bei-vorbeugung-von-krankheiten/

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