Im Rahmen meines Studienganges Wirtschaftsingenieurwesen habe ich erkannt, dass es heutzutage enorm wichtig ist, über internationale Berufserfahrungen zu verfügen. Deshalb entschied ich mich im Verlaufe meines Masterstudienganges dazu, ein 6-monatiges Praktikum in meinen Studienverlauf zu integrieren. Da ich bereits als Werkstudent bei der Firma Saint-Gobain in Willich gearbeitet habe, bestand die Möglichkeit, sich intern für ein internationales Praktikum zu bewerben. Mit der Präferenz in einem englischsprachigen Land arbeiten zu wollen, wurde ich nach ein paar Wochen von einer Personalmitarbeiterin eines Standortes in Zentralengland kontaktiert. Bei dem Unternehmen handelte es sich um das in der kleinen Stadt Sherburn-in Elmet liegende British Gypsum.
British Gypsum stellt in insgesamt fünf Standorten in England Gipskartonplatten für den Trockenbau her. Das Werk in Sherburn-in-Elmet verfügt hierbei über einen kleinen Bürokomplex und eine riesige Produktionshalle und stellt in der Region einen der wichtigsten Arbeitsgeber dar.
Die Organisation des Praktikums war im Voraus nicht sonderlich schwierig, da es für England keine besonderen Unterlagen bedarf. Lediglich die Suche nach einer Unterkunft stellte sich als etwas komplizierter heraus, da es in der rund 7000 Einwohner umfassenden Stadt nur wenige Möglichkeiten gab. Als die Vermieterin einer Wohngemeinschaft kurz vor Beginn des Praktikums absagen musste, blieb nur noch die Möglichkeit, in einem Caravan unterzukommen. Ich hatte anfangs Skepsis, da der Caravan jedoch mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet war, legten sich meine Zweifel schnell. Ein weiterer großer Vorteil war, dass ich von dort aus nur zehn Minuten mit einem vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Fahrrad zu dem Standort fahren konnte.
Am 18.04.2017 startete mein Praktikum in der Logistikabteilung. In den ersten Wochen wurden mir viele Bereiche gezeigt, die für die Arbeit der Logistik-Mitarbeiter wichtig sind. So bekam ich eine Führung durch die Produktionshalle, ich hatte mit dem Manager jeder Abteilung ein Vier-Augen-Gespräch, wo mir die einzelnen Aufgabenbereiche erläutert wurden, mir wurden die Lagerhallen gezeigt und wie Bestandszählungen durchgeführt werden und ich konnte mit einem der Auslieferungs-LKWs zu einem Kunden mitfahren, um auch diesen Prozessschritt kennenzulernen. In den anschließenden Wochen wurde ich teilweise mit Alltagsaufgaben betraut und konnte nebenbei an kleinen Projekten arbeiten.
Mein Tag begann morgens damit, dass ich wichtige Kennzahlen für die Logistik in einem Excel Dokument zusammenfasste. Hierzu gehörten unter anderem der Lagerbestand, die Warenbewegungen zwischen den einzelnen Standorten von British Gypsum und die Auslieferungen an den Kunden. Im Verlaufe des Tages hatte ich zudem die Aufgabe, für einen Lagermitarbeiter die Zählung von Rohmaterialbeständen vorzubereiten, die Ergebnisse in eine Excel-Tabelle einzutragen und gegebenenfalls Abweichungen zu den Werten in SAP zu melden.
Zu den Projekten, die in meiner Zeit bei British Gypsum bearbeitet habe, zählte unter anderem:
- Anfertigen einer Standortkarte, auf welcher alle Lagerorte von Materialien eingezeichnet
sind
- Berechnung des Platzverlustes im Lager, wenn die Stapelhöhe von Paletten geändert
werden würde
- Aufnahme von Produktionsausschüssen
- Verbesserung der Lagerhaltung eines Rohstoffes
Die Ergebnisse dieser Aufgaben wurden in regelmäßigen Abständen an den Logistikmanager übermittelt.
Neben der Arbeit habe ich versucht, möglichst viel von England zu sehen. Da ich kein Auto hatte, war ich auf Bus und Bahn als Verkehrsmittel angewiesen. Die Bahnanbindungen waren jedoch sehr gut und über die Städte Leeds und York war jeder Ort Englands leicht zu erreichen. An den Wochenenden habe ich Ausflüge nach Leeds, York, Manchester, Edinburgh, Liverpool, den Lake District National Park und den Peak District National Park gemacht. Außerdem hatte ich je zweimal Besuch von meiner Freundin und meinen Eltern, sodass wir zusammen mit einem gemieteten Auto auch noch Whitby, Scarborough, Alnwick Castle und den Yorkshire Dales National Park besichtigen konnten. Von der Arbeit aus hatte ich zudem die Möglichkeit, an dem Bear Grylls Survival Race in London teilzunehmen, einem 10 Kilometer Hindernislauf durch den Trent Park.
Unter der Woche hatte Sherburn-in-Elmet leider nicht so viel zu bieten, was auf Grund der Größe der Stadt nicht verwunderlich ist. So war es mir allerdings möglich, nachmittags über die Felder Laufen zu gehen oder beim Training der Fußballmannschaft teilzunehmen. Außerdem fand jeden Montag in dem lokalen Pub eine Quiz-Night statt bei der ich mich bereits in der ersten Woche einer Gruppe anschloss. Diese Abende haben immer sehr viel Spaß gemacht.
Im Allgemeinen hat mir der Auslandsaufenthalt sehr gut gefallen. Die Menschen in Yorkshire und auch in anderen Regionen Englands sind im Allgemeinen sehr freundlich und offen. Ich werde es definitiv vermissen, freue mich aber auch schon darauf wieder zurück zu fliegen, um meine Quiz-Gruppe im Pub zu unterstützen und die Arbeitskollegen wieder zu sehen. Auch die Arbeitsatmosphäre werde ich vermissen, da diese im Vergleich zu deutschen Unternehmen viel entspannter ist.