Interview mit Professor Dr. Matthias Mehrtens

Die Bedeutung des Internet of Things für die digitale Transformation

In einem spannenden Gespräch haben wir mit Professor Mehrtens von der Hochschule Niederrhein über die Rolle des Internet of Things (IoT) und die Herausforderungen bei dessen Implementierung gesprochen. Er unterstreicht die immense Bedeutung von IoT für moderne Geschäftsmodelle und gibt spannende Einblicke in die digitale Zukunft und damit auch Inhalte aus seiner Lehrveranstaltung zur „Digitalen Transformation“ im berufsbegleitenden MBA-Studiengang „Leadership & Management“ an der Hochschule Niederrhein.

 

1. Wie würden Sie die Rolle des Internet of Things (IoT) in der digitalen Transformation beschreiben?
Das Internet of Things (IoT) ist aus der digitalen Transformation nicht mehr wegzudenken. Wir haben mittlerweile eine immense Anzahl von Geräten, die mit dem Internet verbunden sind – von Toastern und Kaffeemaschinen bis hin zu Autos und Fahrrädern. Laut aktuellen Statistiken gibt es bereits einige Milliarden solcher Endpunkte, Tendenz steigend. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass IoT eine zentrale Rolle in digitalen Geschäftsmodellen spielt. Es ist mittlerweile Standard, dass Produkte mit dem Internet verbunden sind, was ihre Attraktivität und Funktionalität erhöht.

2. Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Implementierung von IoT-Lösungen in Unternehmen?
Die größten Herausforderungen liegen in den unterschiedlichen Anforderungen und Preisklassen der Produkte. Hochpreisige Artikel wie Autos oder hochwertige Werkzeuge können teure Technologien problemlos integrieren. Bei günstigen Produkten, etwa Joghurtbechern oder Wasserflaschen, ist das jedoch wirtschaftlich nicht machbar. Im Privatkundenbereich – vor allem im Niedrigpreissegment – besteht weiterhin Entwicklungsbedarf, während Lösungen für den Geschäftskundenbereich bereits gut etabliert sind. Wichtig ist, dass sich IoT-Lösungen flexibel an die jeweiligen Produktkategorien und Preissegmente anpassen.

3. Eröffnet die Integration von IoT-Technologie neue Geschäftsmodelle? Wenn ja, welche?
Ja, IoT ermöglicht neue Geschäftsmodelle, insbesondere durch zusätzliche Servicekomponenten. Ein Beispiel aus meiner beruflichen Vergangenheit sind Energiezähler, bei denen Kunden bereit sind, für IoT-gestützte Technologien mehr zu zahlen. In anderen Bereichen, wie bei vernetzten Turnschuhen, stellt sich die Frage, ob Konsumenten einen Aufpreis für zusätzliche digitale Funktionen akzeptieren. Generell kann IoT die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, indem es Produkte schwerer kopierbar macht. Beispielsweise ist ein digitalisierter Besen durch seine Verknüpfung mit Plattformen und Infrastrukturen schwieriger zu imitieren als ein herkömmlicher.

4. Welche Rolle spielen Robotik und Automatisierung in Verbindung mit IoT, um Geschäftsprozesse zu verbessern?
Robotik und Automatisierung haben bereits vielfältige Anwendungen gefunden. In der Automobilindustrie übernehmen Roboter wie „Figure“ Montagearbeiten und im Einzelhandel ersetzen digitale Kassensysteme manuelle Prozesse. Ein gutes Beispiel ist der Supermarkt: Produkte wie Getränkedosen können mit Sensoren ausgestattet werden, die beim Herausnehmen aus dem Regal automatisch den Preis erfassen. Auch Reinigungsroboter könnten nach Ladenschluss für saubere Böden sorgen. Diese Kombination aus Robotik, Automatisierung und IoT optimiert Prozesse und senkt die Betriebskosten.

5. Wie beeinflussen fortschrittliche Robotiklösungen den Arbeitsmarkt und die digitale Transformation?
Fortschrittliche Robotiklösungen führen zu einer Rationalisierung von Arbeitsprozessen, insbesondere in kostenintensiven Branchen wie der Automobilindustrie. Fahrerlose Transportsysteme und Automatisierungsroboter senken die Personalkosten und erhöhen die Effizienz. Dies hat jedoch auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, da manuelle Tätigkeiten zunehmend durch Maschinen ersetzt werden. Unternehmen müssen sich deshalb nicht nur technologisch, sondern auch strategisch auf diese Veränderungen einstellen.

6. Wo sehen Sie die Schnittstellen zwischen Künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik, insbesondere für die Wirtschaft?
Die Verbindung von KI und Robotik ist essenziell, um autonome Systeme leistungsfähiger zu machen. Roboter müssen in der Lage sein, ihre Umgebung zu analysieren und entsprechend zu reagieren – sei es an einer Treppenstufe, vor einer Glaswand oder bei wechselnden Montageanforderungen. KI ermöglicht es diesen Systemen, durch maschinelles Lernen stetig besser zu werden. Schon heute sind solche Systeme leistungsfähig, und in wenigen Jahren werden sie noch ausgereifter sein.

7. Welche ethischen Überlegungen sind mit dem Einsatz von KI und Robotik in Unternehmen verbunden?
Ethische Herausforderungen betreffen insbesondere Cybersecurity und den Arbeitsmarkt. Roboter und KI-Systeme müssen vor Manipulation geschützt werden, um Betriebsstörungen oder Erpressungen zu verhindern. Gleichzeitig könnte der zunehmende Einsatz solcher Technologien viele Arbeitsplätze gefährden. Unternehmen und Gesellschaft stehen daher vor der Aufgabe, eine Balance zwischen technologischem Fortschritt und sozialer Verantwortung zu finden.

8. Wie verändert KI traditionelle Geschäftsmodelle, und welche Vorteile bringt sie mit sich?
KI revolutioniert Geschäftsmodelle, wie das Beispiel ChatGPT von OpenAI zeigt. Millionen Nutzer haben in kürzester Zeit eine Plattform abonniert, was enorme wirtschaftliche Erfolge ermöglicht. KI steigert zudem die Geschwindigkeit und Effizienz von Prozessen – von der Textgenerierung bis hin zur wissenschaftlichen Recherche. Dies verschafft Unternehmen Wettbewerbsvorteile und eröffnet neue Möglichkeiten der Wertschöpfung.

9. Entwickeln sich hybride Geschäftsmodelle, die menschliche und KI-basierte Entscheidungsfindung kombinieren?
Ja, hybride Geschäftsmodelle sind ein wachsender Trend. Dabei bleiben Menschen unverzichtbar, insbesondere bei der Kontrolle und Bewertung von KI-basierten Entscheidungen. Gleichzeitig entwickeln gesetzliche Regelungen klare Grenzen, um Missbrauch, etwa durch Deepfakes, zu verhindern. Hybride Modelle nutzen die Stärken beider Welten und gewährleisten so Effizienz und Sicherheit.

10. Welche Fähigkeiten sollten Führungskräfte besitzen, um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern?
Führungskräfte sollten ein solides Verständnis für moderne Technologien haben und deren Potenzial erkennen können. Programmierkenntnisse sind nicht zwingend erforderlich, aber ein grundlegendes Verständnis der Funktionsweisen und Risiken ist essenziell. Nur so können sie disruptive Entwicklungen rechtzeitig erkennen und strategisch darauf reagieren, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen zu sichern.