Krefeld, 6. Juli. Wer seine Fortbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker absolviert hat, soll künftig knapp 40 Prozent des siebensemestrigen Bachelorstudiums Elektrotechnik an der Hochschule Niederrhein anerkannt bekommen. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung wurde heute Mittag auf dem Campus Krefeld Süd zwischen der Hochschule Niederrhein und der Fachschule für Elektrotechnik des Berufskollegs für Gestaltung und Technik der Städteregion Aachen (BK GuT) unterzeichnet.
"Mit dem Abkommen tragen wir dazu bei, die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen zu erhöhen und zwar im Sinne der jungen Menschen, denen wir bestmögliche Zukunftschancen ermöglichen wollen", sagte Hochschulpräsident Prof. Dr. Hans-Hennig von Grünberg bei der Vertragsunterzeichnung.
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sei dies ein enormer Schritt nach vorne, erklärte Simone Menser-Dargel, Bildungsgangkoordinatorin der Fachschule für Elektrotechnik am BK GuT: "Hiermit ermöglichen wir einen neuen dritten Bildungsweg für praxisorientierte Nachwuchskräfte, die erst durch den Abschluss als Techniker die Fachhochschulreife erworben haben. Darüber hinaus wird die Ausbildungsdauer zum Bachelor verkürzt und wesentlich effizienter gestaltet."
Über Monate haben sich die Professoren des Fachbereichs Elektrotechnik und Informatik der Hochschule Niederrhein mit den Fachlehrern des BK GuT ausgetauscht, welche Module und Leistungen anerkannt werden können und welche nicht. Ein Beispiel: Für das Lernfeld „Elektrische Schaltungen analysieren, planen, dimensionieren und simulieren“ aus dem Bereich Grundlagen der Elektrotechnik bekommen die staatlich geprüften Techniker aus Aachen 18 CPs anerkannt. Den Bereich Mathematik dagegen müssen sie komplett nachstudieren, dort werden keine Leistungen anerkannt. Das Abkommen trägt somit den Unterschieden in der Ausbildung Rechnung und erkennt Gemeinsamkeiten an.
"Wer von der Fachschule für Elektrotechnik in Aachen kommt, hat eine mindestens dreijährige Berufsausbildung zum Elektroniker hinter sich, mindestens ein Jahr Berufserfahrung und die zweijährige Vollzeit- oder vierjährige berufsbegleitende Teilzeitweiterbildung an der Fachschule. Laut Europäischem Qualifikationsrahmen (EQR) befindet sich dieser Abschluss genau wie ein Bachelorabschluss auf der dritthöchsten Stufe. Diese Leute sind sehr gut ausgebildet und hochmotiviert. Wir freuen uns, wenn wir ihnen durch die Anerkennung ihrer Leistung ein schnelleres Studium ermöglichen können", sagt Prof. Dr. Thomas Meuser, Dekan des Fachbereichs Elektrotechnik und Informatik.
Meuser weiß: "Es gibt zu wenige Menschen, die Elektrotechnik studieren." An der Hochschule Niederrhein sind es derzeit 350, aber es könnten noch mehr sein. "Die regionale Wirtschaft benötigt unsere Absolventen händeringend", sagt er.
Das Hochschulrahmengesetz sieht in seiner Anerkennungsordnung vor, Leistungen anzuerkennen, die nicht an einer deutschen Hochschule erworben wurden. Bisher hieß das aber: langwierige Einzelfallprüfungen mit ungewissem Ausgang. Viele Absolventen von anderen Institutionen scheuten diesen Weg. Wer jetzt von der Fachschule Aachen kommend ein Studium an der Hochschule Niederrhein aufnimmt, bewirbt sich, schreibt sich ein und legt beim Prüfungsausschuss seine Zeugnisse zur Anerkennung vor.
Die Kooperation ist in ihrer Tragweite bundesweit bislang einmalig und kann Vorbild für weitere Kooperationen mit Fachschulen in der Region sein. Auch dort müssten dann die einzelnen Leistungen der Schule genau geprüft und mit den Anforderungen der Hochschule Niederrhein abgeglichen werden. In Bremen gibt es bereits ein ähnliches Modell, dort werden aber nur 30 Credit Points (CPs) von insgesamt 180 benötigten anerkannt – an der Hochschule Niederrhein sind es 77 CPs.
Pressekontakt: Dr. Christian Sonntag, Referat Hochschulkommunikation der Hochschule Niederrhein:
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