Krefeld, 31. Oktober. Obdachlosigkeit begegnet uns regelmäßig im Alltag, in Krefeld zum Beispiel am Theaterplatz, dem Treffpunkt der Drogen- und Alkoholszene. Studierende des Fachbereich Designs der Hochschule Niederrhein haben sich ein Semester lang mit dem Phänomen Wohnungslosigkeit beschäftigt. Ihr Ziel: Innovative Lösungen zu finden, um den Obdachlosen das Leben auf der Straße zu erleichtern. Unterstützt wurden die Produkt- und Kommunikationsdesigner von Diplom-Designer und HN-Absolvent Christoph Hillus, dessen Unternehmen hillus Engineering KG Preisgelder in Höhe von 3000 Euro ausgelobt hatte.
Als Sieger des Praxisprojekts und damit Gewinner von 1500 Euro wurde die Idee eines vielfältig nutzbaren Rucksacks ausgezeichnet. Die Studenten Martha Mroz, Engin Yeter und Levon Vincent Trettin hatten den Rucksack ,Vielfalt‘ entwickelt, der neben seiner eigentlichen Funktion als Stauraum als Schlafsack, Zelt und Isoliermatte verwendet werden kann. In einem Selbstversuch als Obdachlose in Düsseldorf hatten die jungen Erwachsenen festgestellt, dass fast jeder Wohnungslose über Schlafsack, Rucksack, Zelt und Isoliermatte verfügt, der Transport aber sehr umständlich ist. „Damit sparen die Betroffenen 60 Prozent Gepäck“, sagte Engin Yeter, der die Zeit als Obdachloser als „intensivste und lehrreichste meines bisherigen Lebens“, bezeichnete.
Das Produkt, bestehend aus zwei Decken aus Softshell und Cordula (Nylon), zwei Neoprenmatten, zwei Gurten und einem Seil wollen sie nun mit einem Unternehmen weiterentwickeln. „Das Marktpotenzial dieses Produkts ist groß“, meint Thomas Hillus, der unter anderen mit den Professoren Boris Gorin und Richard Jung die Jury gebildet hatte.
Weil die Jury auch in allen drei anderen Projekten viele gute Ideen entdeckte, wurden sie jeweils zu Zweitplatzierten gewählt und mit jeweils 500 Euro Preisgeld bedacht. Die Gruppe „Cocon“ hatte eine Art Reisekoffer entwickelt, der in ausgeklappten Zustand wie ein kleines Zuhause ist. Eine von unten isolierte Matratze wird mit einem aufblasbaren Dach aus PVC und Aluminiumstreben überspannt, mehrere Schubladen sorgen für Stauraum. „,Cocon‘ ist eine schnelle und effektive Hilfe vor Witterung, Kälte und Diebstahl“, sagte ein Projektgruppenmitglied bei der Präsentation. Für die Finanzierung soll ein Crowdfunding-, also Spenden-System, bei der Ausleihe an Obdachlose könnten Hilfsorganisationen wie die Caritas und die Diakonie helfen. Ein GPS-Sender soll Diebstahl verhindern.
Für Projektgruppe drei stand die finanzielle Hilfe von Bedürftigen im Vordergrund. Sie entwickelte die „Pfandflotte Krefeld“. Bei diesem Pfand-Abhol-System holt ein Mitarbeiter, der über einen offiziellen Sammelausweis verfügt, die Flaschen an der Haustüre der Spendenbereiten ab und gibt sie an das offizielle Pfandsystem weiter. „Jährlich fallen in Deutschland 13,4 Milliarden Pfandflaschen an, was 2,68 Milliarden Euro Pfand bedeutet. Gleichzeitig ist die Spendenbereitschaft groß. Wenn in Krefeld 20 Prozent der Haushalte mitmachen, würden wöchentlich mehr als 120.000 Euro Spenden zusammenkommen“, so die Studierenden.
Die „Obdach-App“ sowie das „Bed2go“ entwickelt hat die vierte Projektgruppe. Die App soll Obdachlose und Personen, die eine kostenlose Unterkunft anbieten wollen, zusammenbringen. Auch eine Übersicht öffentlicher Unterkünfte bietet das System. „Zielgruppe sind Menschen, die gerade erst wohnungslos geworden sind und im Regelfall noch ein Smartphone haben“, schränkte die Projektgruppe ein. Deshalb wurde auch das zweite Produkt, ein einfach auseinanderziehbares und günstiges Bett aus Kunststoff mit Schutzdecke, entwickelt.
Pressekontakt: Dr. Christian Sonntag, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule Niederrhein: Tel.: 02151 822 3610; E-Mail: christian.sonntag@hs-niederrhein.de
Autor: Daniel Gonzales