Chronische Krankheiten sind in Deutschland regional unterschiedlich verteilt. Aber welche Faktoren beeinflussen in welchem Ausmaß die Häufigkeiten der Krankenhausbehandlungen? Mit dieser Frage hat sich Johannes Pollmanns beschäftigt. Der 34-Jährige gebürtige Nettetaler hat an der Hochschule Niederrhein Health Care Management studiert und jetzt die erste kooperative Promotion am dortigen Fachbereich Gesundheitswesen und an der Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke abgeschlossen.
Das Thema von Pollmanns Arbeit ist hochaktuell. Gerade hat der AOK Gesundheitsatlas gezeigt, dass Diabetes Typ 2 in den Regionen besonders häufig vorkommt, in denen viele Menschen langzeitarbeitslos sind. Risikofaktoren für eine Erkrankung wie Übergewicht, ungesunde Ernährung und mangelnde Bewegung treffen vor allem auf eher ärmere Menschen zu.
Pollmanns kommt in seiner Arbeit zu ähnlichen Ergebnissen. Er hat untersucht, welche Faktoren in welchem Ausmaß die Häufigkeiten der Krankenhausbehandlungen beeinflussen. Unter Zuhilfenahme von Daten aus der ambulanten Abrechnung kann er in seiner Arbeit zunächst aufzeigen, dass die jeweilige regionale Krankheitshäufigkeit den größten Einfluss auf die Anzahl der Krankenhausbehandlungen hat.
Während beispielsweise in Thüringen Patienten besonders häufig aufgrund von Bluthochdruck oder Diabetes stationär behandelt werden, sind in Baden-Württemberg deutlich weniger Krankenhausfälle aufgrund dieser Krankheiten zu verzeichnen. Tatsächlich treten die jeweiligen Krankheiten dort öfter auf: Risikofaktoren für Diabetes oder Bluthochdruck wie ein niedriger sozialer Status kommen in Thüringen häufiger vor – zum Beispiel ist die Quote der Langzeitarbeitslosen dort deutlich höher als in Baden-Württemberg.
„Die Forschungsergebnisse sind relevant, weil der Aspekt unterschiedlicher regionaler Krankheitslast in der Diskussion um die auffälligen regionalen Unterschiede bei Krankenhausbehandlungen bisher nicht berücksichtigt wird“, sagt der frisch gebackene Dr. rer. medic. Dadurch würden Aussagen über die Qualität der ambulanten Versorgung einer Region verfälscht.
Nach den Ergebnissen der Arbeit ist daher nicht davon auszugehen, dass die ambulante Versorgung für Bluthochdruck- oder Diabetes-Patienten in Thüringen schlechter ist als in Baden-Württemberg. Die Krankheit kommt dort tatsächlich häufiger vor. Das hat Folgen für Qualitätsbeurteilungen der ambulanten Versorgung. „Für das Gesundheitssystem der Zukunft wird es künftig immer wichtiger werden, solche Abrechnungsdaten zu nutzen, um die Gesundheitsversorgung optimal gestalten zu können“, sagt Professorin Dr. Saskia Drösler, die Zweitgutachterin im Promotionsverfahren war und die Arbeit an der Hochschule Niederrhein betreut hat.
Johannes Pollmanns lebt in Mönchengladbach und arbeitet seit September bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Nach seiner Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel hat er an der Hochschule Niederrhein zunächst den Bachelor Health Care Management, anschließend den gleichnamigen Master studiert. Seine Promotion lautete: „Potentiell vermeidbare Krankenhausaufnahmen bei chronischen Erkrankungen in Deutschland – Analysen auf kleinräumiger Ebene unter Berücksichtigung der Erkrankungsprävalenz“.