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Farben
Insgesamt 10.600 Farbstofffläschchen befinden sich im Besitz der Hochschule Niederrhein.

Hochschule besitzt einer der größten historischen Farbsammlungen weltweit

Krefeld, 15. Mai. Ein Schatz der Hochschule Niederrhein erblickt jetzt erstmals im Rahmen einer Ausstellung das Licht der Öffentlichkeit: eine Sammlung historischer Farbstoffe, die wohl zu den größten Farbstoffsammlungen weltweit gehört. Bislang wird die historische Farbstoffsammlung der TU Dresden mit rund 8000 Farbstofffläschchen als die größte genannt.

 

Die Krefelder Sammlung umfasst rund 10.600 Farbfläschchen mit Farbstoffen von knapp 80 führenden Farbstoffherstellern der deutschsprachigen Länder und besitzt Farbstoffgebinde aus jeder Zeit zwischen 1870 und 1975.  Hinzu kommen zahlreiche Musterbücher und –karten, ein 100 Jahre altes Farbspektrum im Holzrahmen sowie andere Präparate, die im Zusammenhang mit dem Färben von Textilien im späten 19. Jahrhundert stehen. Denn dort steckt der Ursprung der historischen Sammlung am Ort ihrer Entstehung.

 

Sie geht zurück auf das Jahr 1855. In der Krefelder Höheren Webeschule stand schon damals anwendungsorientierte Chemie im Bereich Färben und Textilveredlung auf dem Lehrplan. Das Thema gewann zunehmend an Bedeutung, die Gründung der Färberei- und Appreturschule im Jahre 1883 trug diesem Umstand Rechnung. Erster Direktor der neuen Schule war Dr. Heinrich Lange, der – von der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik (BASF) kommend – über beste Kontakte in die Industrie verfügte. Zudem hatte er gelernt, wie man Färberezepturen entwickelte.

 

Damit wurde er für die zahlreichen neuen Farbstoffproduzenten nicht nur der Region interessant. Die waren daran interessiert, für ihre Farbstoffe entsprechende Färbeverfahren zu entwickeln, um ihre Farben auf die Textilfasern zu applizieren. Denn beim Aufschwung der Textilindustrie wollten sie nicht tatenlos zusehen.

 

Dafür benötigten sie das Know-how der Lehranstalt: „Die Unternehmen schickten ihre Farbstoffe in die Lewerentzstraße (damals Obernstraße) und ließen sie auf ihre Anwendbarkeit zum Färben von Samt und Seide prüfen. In vielen Fällen wurden dann auch die entsprechenden Färberezepte für die Industrie entwickelt“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Schram, der am Fachbereich Chemie Instrumentelle und chemische Analytik lehrt. Die Wissenschaftler benötigten für ihre Forschung einen Bruchteil des in einer Flasche lagernden Farbstoffs – der Rest blieb im Eigentum der Institution.

 

Rund um die Färberei- und Appreturschule entwickelte sich also bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine neuartige Form der Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft: eine Drittmittelforschung für Farben. Die Sammlung ist demnach heute der Beweis, dass die Vorgängereinrichtungen der Hochschule Niederrhein schon vor 130 Jahren anwendungsorientiert geforscht und gelehrt haben. „Schon damals haben Krefelder Wissenschaftler ihr Know-how der Industrie zur Verfügung gestellt. Nach diesem Prinzip funktioniert der Transfergedanke unserer  Hochschule Niederrhein bis heute“, sagt Schram.

 

Aus der Königlichen Färberei- und Appreturschule wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Textilingenieurschule, die 1971 im Fachbereich Chemie der neu gegründeten Fachhochschule Niederrhein aufging. Die Farbstoffe  wurden Eigentum der Hochschule.

 

Mit dem Siegeszug der synthetisch produzierten Farben änderte sich alles. Farben, bisher in aufwändigen Verfahren mit natürlichen Rohstoffen wie Blütenblättern, seltenen Harzen oder Bestandteilen von Tieren und Insekten hergestellt, wurden plötzlich erschwinglich. Mit der Entdeckung des bei der Kohleverkokung anfallenden Teers war der erste Schritt zur Produktion synthetischer Farbstoffe getan. In den 1860er Jahren eroberten sie die Welt und bescherten nicht nur der deutschen chemischen Industrie einen nie dagewesenen Aufschwung. Auch die Welt wurde plötzlich bunt. Ein wahrer Farbenrausch erfasste die Menschen, die sich plötzlich in viel stärkerem Maße als bisher Farben leisten konnten.

 

Die Ausstellung „… und die Welt wird bunt. Wie die Farbe in den Alltag kam“ im Museum Schloss Rheydt stellt diesen Zeitenwandel anschaulich und informativ dar.

 

Pressekontakt: Dr. Christian Sonntag, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule Niederrhein: Tel.: 02151 822 3610; E-Mail: christian.sonntag@hs-niederrhein.de

 

Autor: Christian Sonntag