Digitalisierung, Mobilitätswende, Säkularisierung, Klimawandel, Demografischer Wandel – die beherrschenden Megatrends unserer Zeit verändern unsere Städte radikal. Viele Räume werden immer weniger genutzt, beispielsweise Kirchen und Kaufhäuser. Damit beschäftigen sich Prof. Nicolas Beucker und Clemens Brück vom Fachbereich Design der Hochschule Niederrhein im Rahmen eines transdisziplinären Forschungsprojekts.
Sie sind am Projekt „Obsolete Stadt – Raumpotentiale für eine gemeinwohlorientierte, klimagerechte und ko-produktive Stadtentwicklungspraxis in wachsenden Großstädten“ beteiligt. Obsolet bedeutet überflüssig. Infrastrukturen, Immobilien, Grundstücke und damit zusammenhängende Geschäftsmodelle, Logiken und Prozesse verlieren ihre ursprüngliche Bedeutung. Das Risiko für Liegenschaften, obsolet zu werden, steigt. Die Gefahr von Leerständen und un- sowie untergenutzten Flächen in ansonsten wachsenden Großstädten steigt. „Ein Beispiel ist, dass Urnenbegräbnisse immer mehr bevorzugt werden. Dadurch ändert sich der Flächenbedarf für Friedhöfe“, sagt Professor für Public und Social Design Nicolas Beucker.
Im Projekt werden die Städte Hannover, Hamburg und Mannheim wissenschaftlichen analysiert. Ziel ist es, herauszufinden, wie obsolete Räume als Ressource gemeinwohlorientiert und nachhaltig genutzt werden können. Wie können die Flächen neu bespielt werden und was braucht eine Stadt, um sich ökologischer auszurichten? Eine besondere Rolle in dem Projekt spielen soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit. Vor allem die Handlungsfähigkeit der Kommunen soll gestärkt werden, die sie zuvor durch verkaufte räumliche Ressourcen eingebüßt hat.
„Stadtentwicklung im öffentlichen Interesse benötigt Modelle, die dazu beitragen, Daseinsvorsorge zu stärken und Qualitäten für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern“, sagt Prof. Beucker. Er entwickelt mit Clemens Brück, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Design, Wirkungsmodelle, ein Planspiel und die Narration des Projekts. Prof. Beucker leitet das Kompetenzzentrum Social Urban Design Sound an der Hochschule Niederrhein und lehrt über öffentliche Räume und gesellschaftszentrierte Gestaltungsmethoden.
Insgesamt sechs Hochschulen und Universitäten aus Deutschland und Österreich sind insgesamt Teil des Forschungsprojekts. Städtebauer und -entwickler, Architekten, Kulturwissenschaftler, Ökonomen, Umweltforscher und Designer arbeiten transdisziplinär an den neuen Raumbedarfen der wachsenden Städte Deutschlands.
Das Projekt startete im Januar 2020 und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Entstanden ist es durch das Programm der Robert-Bosch-Stiftung „Spielraum – urbane Transformation gestalten“. Die Stiftung fördert das Projekt mit einer halben Million Euro.