Mönchengladbach, 30. Oktober. Professor Dr. Burkhart Brückner vom Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrhein hat beim Förderprogramm für die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen die Förderzusage für sein Projekt „Einrichtung und Betrieb eines biographischen Archivs der Psychiatrie und Patientengeschichte" erhalten. Insgesamt werden 19 Projekte gefördert, die Hochschule Niederrhein ist dabei die einzige Fachhochschule, die mit einem Projektantrag erfolgreich war.
„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler retten Kulturgüter, die sonst für immer verloren wären. Andere bauen Internet-Plattformen auf, mit deren Hilfe eine ganz neue Form der vernetzten Forschung möglich wird. Ich freue mich, dass wir so viele hochkarätige Projekte fördern können", sagte NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze. Brückner gehört zu den Wissenschaftlern, die mithilfe der Projektzuwendung eine neue Internet-Plattform aufbauen.
In seinem Biographischen Archiv der Psychiatrie und Patientengeschichte sollen einerseits Persönlichkeiten aus der Wissenschaft vorgestellt werden, andererseits soll das Archiv aber auch die Patienten und Angehörigen berücksichtigen. Dabei geht es aber nicht um die Krankenakten der Patienten. Vielmehr stehen andere Fragen im Mittelpunkt der Forschung: Welche Rolle spielen die Patienten in der Geschichte der Psychiatrie? Welche Persönlichkeiten sind prägend gewesen? Warum wird jemand Psychiater oder Psychotherapeut? Dies sind nur einige der Fragen, die das Archiv beantworten möchte. „Wir wollen dabei den sozialgeschichtlichen Zusammenhang dieser Fragestellungen anhand von Biographien klären", so Brückner.
Neben dem Aufbau der Online-Plattform dient das Biographische Archiv also der empirischen Forschung: Im Zentrum steht die Frage nach dem Wandel der Therapeut-Patient-Beziehung. Dabei verbindet das Projekt neuere Ansätze der Psychiatriegeschichtsschreibung, der soziologischen Professionsforschung und der Biographieforschung. Geplant sind u.a. Teilprojekte zur Geschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus, zur Geschichte der Sozialen Arbeit in der Psychiatrie, zur psychiatrischen Patientengeschichte und zur Entwicklung der Gemeinde- und Sozialpsychiatrie.
Brückner, an der Hochschule Professor für Sozialpsychologie, beschäftigt sich seit 25 Jahren mit der Thematik. Er hat bereits ein Buch mit dem Titel „Geschichte der Psychiatrie" verfasst, das 2010 im Psychiatrie-Verlag veröffentlicht wurde, der auch eine Buchreihe zu dem aktuellen Projekt herausgibt.
Die Eröffnung des Archivs ist für Ende 2014 geplant. Der Fokus wird auf den vergangenen 100 Jahren liegen und dabei insbesondere auf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zunächst sollen im Archiv 200 Personen erfasst werden, in der Zukunft könnten es jedoch weit mehr werden. „Wir haben nun zwölf Monate Zeit, um das Projekt in die Tat umzusetzen. Zunächst stellen wir das Material zusammen und erschließen die Quellen", so Brückner, der sich zusammen mit seinen Mitarbeitern der Aufgabe in einem Forschungssemester widmen wird.
Zum Ende des Projektes soll ein Webarchiv für das Berufsfeld der Psychiatrie entstanden sein. Unterstützung erhält Brückner dabei von Prof. Dr. René Treibert aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, der die Entwicklung der benötigten Software begleiten wird.
Die Förderlinie „Infrastrukturelle Förderung für die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften" ist Teil des geisteswissenschaftlichen Förderprogramms, das erstmals 2012 vom Wissenschaftsministerium aufgelegt wurde. Das Programm soll die Forschung und die Forschungsbedingungen in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften fördern.
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Autor: Tim Wellbrock