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Prof. Dr. Miriam Sari (KAMU), die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Melina Lindek und Mareike Dissemond (Fachbereich Oecotrophologie) sowie Prof. Dr. Michaela Wagner (Fachbereich Chemie) forschen im Rahmen des INGRAIN-Förderprojekts BasiCALT.

HSNR erforscht Neues aus Obst- und Gemüsereststoffen

Dank ihrer speziellen Eigenschaften gelten Pilze im ökologischen Sinn als Destruenten: Sie zersetzen Biomasse mit ihren Verdauungsenzymen. Sie bauen beispielsweise Holz, vertrocknete Blätter, Früchte, aber auch Horn und Fette ab. Die Hochschule Niederrhein (HSNR) erforscht nun, was passiert, wenn Speisepilze auf Lebensmittelresten kultiviert werden – und wie daraus am Ende womöglich ganz neue Produkte für den Lebensmittel-, Textil-, Landwirtschafts- oder Pharmasektor hergestellt werden können.

Dazu tüfteln Studierende, Mitarbeitende und Professorinnen der Fachbereiche Oecotrophologie und Chemie am Förderprojekt „BasiCALT“ (kurz für „Basidiomyceten für eine Circular Economy in der Agrar-, Lebensmittel- und Textilbranche“), das für drei Jahre am Kompetenzzentrum für Angewandte Mykologie und Umweltstudien (KAMU) der HSNR läuft. 

Das Forschungsteam um Projektleiterin Prof. Dr. Miriam Sari will herauszufinden, ob sich Obst- und Gemüsereststoffe (Nebenströme wie Karottenenden, Kartoffelschalen, Zwiebelreste oder Strunke aller Art) für die Kultivierung von Speisepilzen eignen.

Die biogenen Nebenströme, die in der Lebensmittelverarbeitung anfallen und für die geplanten Versuchsreihen von regionalen Kooperationspartnern zur Verfügung gestellt werden, werden mithilfe von Speisepilzen so weiterverwertet und veredelt, dass sich daraus Substrate für neue Produkte herstellen lassen – ganz gleich ob für neue Lebensmittel, alternative Textilfasern wie veganes Leder oder auch für Nahrungsergänzungsmittel im Pharmabereich. Anders als Schimmelpilze sind Speisepilze in diesem Zusammenhang noch relativ unterforscht.

„Es gibt natürlich schon funktionierende Kreisläufe, in denen Lebensmittelreststoffe eine neue Nutzung finden und beispielsweise als Tierfutter genutzt werden oder in der Biogasanlage landen. Wir wollen diese aber höher setzen und neue Wertschöpfungsketten schaffen: Aus den Nebenströmen kann Nützliches für den Mensch entstehen“, betont die Professorin für Lebensmittelbiotechnologie und Produktentwicklung.

Für das ideale Substrat werden Kultivierungsexperimente mit ausgewählten Nebenströmen und Speisepilzen im KAMU am Fachbereich Oecotrophologie durchgeführt –zunächst im Labormaßstab. Die Nebenströme werden passgenau mit industriell kultivierbaren Pilzspezies wie Kräuter- oder Austernseitling, Shiitake oder Enoki kombiniert.

Neben klassischen agrarwirtschaftlichen Experimenten werden die Myzelien (Hyphengeflecht des Pilzes) der Speisepilze auch in einem Reaktor-System kultiviert. Dazu schafft die HSNR von dem Fördergeld eine eigene Spezial-Fermentationsanlage an, die am Fachbereich Chemie zum Einsatz kommt. Die Lebensmittelreste werden mithilfe der Pilzkulturen so biotechnologisch umgewandelt, dass daraus wertgebende Stoffe wie Enzyme, Aromen oder Farbstoffe entstehen. Mit diesen können die einzelnen Industriezweige wiederum eigene Produkte kreieren – und neue Geschäftsmodelle erschließen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung steckt 755.000 Euro in das Förderprojekt BasiCALT, fast 674.000 Euro gehen an die Hochschule Niederrhein als Projektleiterin. Der Restbetrag geht an die RWTH Aachen. Das dortige ITA-Institut untersucht, ob in der Biomasse verwendbare Substanzen für die Textilindustrie stecken.

Die Hochschule Niederrhein gehört zum regionalen Bündnis „INGRAIN – von Reststoff zu Wertstoff zu Nährstoff“, das sich zur Aufgabe gemacht hat, den Strukturwandel im Braunkohlerevier rund um den Kreis Heinsberg mit Innovationen voranzutreiben.

Im Rahmen dieser Kooperation bringt die HSNR ihre Lebensmittel-Expertise ein, während der Fokus der RWTH Aachen auf Textil und Nachhaltigkeit und der Hochschule Rhein-Waal (HSRW) auf Agrarbusiness liegt. Die INGRAIN-Bündnispartner wollen aus Nebenströmen und Reststoffen, die bei der Verarbeitung von Produkten in den jeweiligen Branchen anfallen, Wert- beziehungsweise Nährstoffe entwickeln.

 

Alle Fakten auf einen Blick:

Projektname: BasiCALT - Basidiomyceten für eine Circular Economy in der Agrar-, Lebensmittel- und Textilbranche
Projektzeitraum: Januar 2024 bis Dezember 2026
Fördersumme: 755.000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, davon gehen rund 674.000 Euro an die HSNR
Förderlinie: WIR!-Wandel durch Innovation in der Region
Partner: KAMU – Kompetenzzentrum für Angewandte Mykologie und Umweltstudien (KAMU) der Hochschule Niederrhein (Projektleitung), ITA – Institut für Textiltechnik und Lehrstuhl für Textilmaschinenbau RWTH Aachen.
Assoziierte Partner: Kartoffelhof Thelgarten, Zwiebel Jansen GmbH , H. Funken GmbH & Co. KG, Backfrucht Produktion & Handel GmbH, J & W Stollenwerk GmbH, I.M.A. Pilzling GmbH