Die Hochschule Niederrhein wird ihre Expertise beim Innovationstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft jetzt auch östlichen EU-Staaten zur Verfügung stellen. Anlass dazu ist die Förderung für die EU Horizon2020 Coordination and Support Action „Sylinda – Synchrotron Light Industry Applications“. Die Hochschule Niederrhein ist Teil eines Konsortiums bestehend aus der Jagiellonski Universität Krakau (zu der die Solaris Synchrotron Quelle gehört), der Synchrotron-Quelle ALBA in Barcelona und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, das mit 900.000 Euro über drei Jahre gefördert wird. Projektstart ist am 1. Januar 2021 in Krakau.
Hintergrund: Noch in diesem Jahr erhält die Hochschule Niederrhein einen eigenen Zugang zur Beamline im südpolnischen Krakau, um dort chemisch-physikalische Messungen durchzuführen. Dazu wurde vor rund 16 Monaten ein Kooperationsvertrag mit dem polnischen National Synchrotron Radiation Centre SOLARIS der Jagiellonen-Universität in Krakau geschlossen. Mit dem Projekt Sylinda unterstützen die Partner SOLARIS dabei, die Beamline Industriepartnern zugänglich zu machen und angewandte Forschungs- und Entwicklungsprojekte gemeinsam mit den Wissenschaftlern umzusetzen.
Denn bei der Frage, wie man Unternehmen aus der Industrie in wissenschaftliche Transferprojekte integriert und wie man Forschungsergebnisse in die Praxis umsetzen kann, hat die Hochschule Niederrhein eine große Expertise aufgebaut. Die vor zweieinhalb Jahren erlangte Auszeichnung „Innovative Hochschule“ beruhte wesentlich auf der strategischen Vorgehensweise in dieser Frage.
Das Projekt Sylinda läuft im Programm „Twinning – WIDESPREAD“, das dazu beitragen soll, die östlichen EU-Ländern in Wissenschaft und Forschung in eine führende Rolle zu versetzen. Dazu soll es Trainings-Aufenthalte polnischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ALBA in Barcelona und an der Hochschule Niederrhein geben, um über angewandte Projekte den Innovationstransfer in die Praxis zu lernen. In einem Industrieworkshop bei SOLARIS werden die Möglichkeiten der Beamline für die Lösung praktischer F&E-Fragen den Betrieben und Unternehmen anschaulich demonstriert. Junge Wissenschaftler und Studierende der Hochschule Niederrhein haben dabei Gelegenheit, eigene Transferprojekte auf Postern vorzustellen.
Zusätzlich gibt es ein Austauschprogramm für junge Wissenschaftler zwischen SOLARIS beziehungsweise der Jagiellonski Universität Krakau und der Hochschule Niederrhein. So können junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Krefeld und Mönchengladbach eigene Experimente am Strahlrohr in Krakau durchführen. Im Gegenzug lernen ihre polnischen Kollegen an der Hochschule Niederrhein mehr über angewandte Projekte mit Industriepartnern, zum Beispiel im HIT (Institut für Oberflächentechnik). Bei ALBA in Barcelona wird es eine Summer-School für junge Wissenschaftler aller Projektpartner geben, bei der neben den inhaltlichen Themen auch die Möglichkeit zum Netzwerken besteht.
Im Verlaufe des Projekts wird die Beamline der Hochschule Niederrhein bei SOLARIS weiter ausgebaut, um die Analysemöglichkeit weiter zu spezialisieren. Damit wird SOLARIS in Europa einzigartige Forschungsmöglichkeiten für Industriepartner bieten. Langfristig soll das Netzwerk über Europa hinaus erweitert werden.
Eine Beamline ist Teil einer Synchrotron-Lichtquelle, eines kreisförmigen Elektronenspeicherrings, die ihrer Größe wegen in einer Halle untergebracht ist und in der Teilchen wie etwa Elektronen in Lichtgeschwindigkeit herumgeschickt werden. An verschiedenen Stellen hat die Kreisbahn Ausgänge, an denen der Synchrotron-Strahl austritt. An diesen Stellen besteht die Möglichkeit, eine Beamline aufzubauen, um dort die Synchrotron-Strahlung – eine hochenergetische Röntgenstrahlung – für chemisch-physikalische Messungen zu nutzen. Diese erlauben den Forschern, tief in ihre jeweils zu untersuchende Materialien einzusteigen und chemische Prozesse auf atomarer Ebene zu verstehen.