Krefeld/Mönchengladbach, 10. August. Mit dem einachsigen Roller zieht Matthias Krause die Blicke auf dem Campus auf sich: Wenn er auf dem Selbstbalance-Roller mit bis zu 18 km/h über die Beton- und Grasflächen auf dem Campus Krefeld Süd fährt, ist ihm die Bewunderung der Umstehenden sicher. Vor allem, wenn Krause erzählt, dass er das Fahrzeug komplett selbst gebaut hat und dabei Materialkosten von etwa 350 Euro angefallen sind. Im Handel kostet ein vergleichbares Fahrgerät, ein so genannter Segway, rund 8000 Euro.
"Das Besondere an dem Roller ist die Regelungstechnik", sagt Prof. Dr. Ferdinand Hermanns, Professor für Elektronik, Automatisierungs- und Sensortechnik am Fachbereich Elektrotechnik und Informatik. Er hat die Entwicklung des Elektro-Fahrzeugs betreut und als Masterarbeit am Fachbereich angenommen. Denn hinter der einfachen Bauweise mit Schubkarrenreifen, Aluprofilen und Fahrradgriffen verbirgt sich anspruchsvollste Automatisierungstechnik.
Der Einachs-Roller des aus Geldern stammenden Masterstudenten Matthias Krause wird ähnlich wie ein handelsüblicher Segway komplett über die Software gesteuert. Ein so genannter diskreter Regler im Innenteil der Steuerplatine sorgt über einen Algorithmus für eine permanente Vorausberechnung. Droht der Roller, dessen zwei Reifen auf einer Achse liegen, nach vorne zu kippen, beschleunigt der Motor, um ein Umfallen zu verhindern. Auf diese Weise wird das Fahrzeug auch gesteuert: Gewicht nach vorne bedeutet Gas geben, Gewicht nach hinten bedeutet bremsen. So hält sich der Roller selbst in der Balance.
Sämtliche Parameter können während der Fahrt bedient und geändert werden. Über die Software wird auch die Geschwindigkeit des Rollers gedrosselt: Schneller als 20 km/h darf Krauses Selbstbau-Roller nicht fahren, auch wenn er von der technischen Seite 27 km/h schaffen könnte. Angetrieben wird das Fahrzeug von zwei 500 Watt starken Elektromotoren. Den Strom liefert ein 36-Volt-Akku mit zwölf Ampere. Mit einer Akkuladung kann Krause rund 30 Kilometer weit fahren.
"Ich wollte zeigen, dass man auch mit wenigen finanziellen Mitteln so ein High-Tech-Gerät nachbauen kann", sagt Matthias Krause. Während die Serien-Modelle aufwändige Sensoranordnungen und Elektroniken besitzen, legte der Masterstudent die Priorität auf eine preisgünstige Lösung. So werden alle notwendigen Regler sowie Filteralgorithmen mit einem handelsüblichen Mikroprozessor auf einer Einplatinensteuerung realisiert.
Der 27-Jährige hat vor zwei Jahren sein Diplom in Elektrotechnik gemacht, danach begann er das Masterstudium Informations- und Kommunikationstechnik mit dem Schwerpunkt Automatisierungstechnik. Sein Betreuer Prof. Hermanns plant, am Fachbereichweitere Selbstbalance-Roller zu bauen. "Wir wollen die digitale Regelungstechnik noch verfeinern", sagt Hermanns. "Dabei werden sich die Weiterentwicklungen in erster Linie mit erweiterten Reglerstrategien sowie Filtermethoden beschäftigen. Weiterhin soll überlegt werden, welche Möglichkeiten existieren, die notwendige ,Standenergie' zu minimieren, so dass die Laufzeit einer Akkuladung maximiert werden kann. Weiterhin sollen sicherheitstechnische Aspekte, wie beispielsweise das ,Schwingen' untersucht und natürlich optimiert werden."
Der Selbstbalance-Roller ist somit eine ideale Spielwiese für zahlreiche weitere Masterarbeiten.
Weitere Informationen erteilt Dr. Christian Sonntag, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule Niederrhein: Tel.: 02151 822 3610; Email: christian.sonntag(at)hs-niederrhein.de
Autor: Christian Sonntag