Zur Erinnerung an den großen Denker und Gestalter Otl Aicher, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, hat der Fachbereich Design der Hochschule Niederrhein in der „designkrefeld edition“ eine limitierte Auflage des Textes „typographie und bürgerliche freiheit“ publiziert.
Otl Aicher war nicht nur einer der herausragenden Gestalter der Nachkriegszeit, er verfasste auch zahlreiche Schriften und Bücher. Mit unserer Publikation wollen wir allen an Gestaltung und Geschichte Interessierten einen kurzweiligen Einstieg in die Texte von Aicher ermöglichen, da diese auch heute noch von hoher gesellschaftlicher Relevanz sind.
Professorin Nora Gummert-Hauser: „Es war nicht einfach, für diese vielschichtige Person nur einen Text exemplarisch auszuwählen. Wir haben uns für den Text „typographie und bürgerliche freiheit“ entschieden, dieser ist erstmals 1988 in dem Buch „typographie“ erschienen. Er weist Otl Aicher nicht nur als Designer oder Autor von Fachtexten aus, sondern er zeigt sein ganzheitliches Denken und seine grundsätzliche Haltung zu Gesellschaft und Politik. Der Text wird der streitbaren und widersprüchlichen Persönlichkeit des Schwaben gerecht, für den selbst die Anwendung von Groß- oder Kleinbuchstaben eine politische Angelegenheit war.“
Geprägt von einer Jugend im Nationalsozialismus und der engen Verbindung zu der Familie Scholl, das erste Mal 1937 inhaftiert wegen der Zugehörigkeit zur »Bündischen Jugend«, stand Aicher dem Staat als Machtinstitution zeit seines Lebens misstrauisch gegenüber. Da er der Hitlerjugend nicht beitrat, wurde er 1941 nicht zur Abiturprüfung zugelassen. 1942 wurde er zur Wehrmacht einberufen und war in Russland und Frankreich. Im Jahr 1945 desertierte er. Aicher: „Wir kamen aus dem Krieg heim und sollten in der Akademie nun an der Ästhetik, um der Ästhetik willen arbeiten. Das ging nicht mehr.“
Nach dem Krieg verschrieb er sich dem Aufbau der Demokratie und unterstützte die Gründung der Volkshochschule in Ulm durch Inge Scholl, die Schwester von Hans und Sophie Scholl, die er 1952 heiratete. Der Plan, eine „Hochschule für Gestaltung“ zu gründen, startete 1947.
Entworfen wurde der legendäre Gebäudekomplex der hfG auf dem Kuhberg in Ulm von Max Bill und ab 1955 nahmen dort die ersten nationalen und internationalen Studierenden ihr Studium auf.
"Otl Aicher 100 – typographie und bürgerliche freiheit" – Die kleine, bibliophile Sonder-Edition, die mit einer Biografie Aichers eingeleitet wird, wurde von Nora Gummert-Hauser gestaltet und handgesetzt. In Zusammenarbeit mit dem Team der Druckwerkstatt am Frankenring wurde sie liebevoll im Buchdruck, Digitaldruck und Siebdruck in einer limitierten Auflage von 100 Exemplaren gedruckt und handgeheftet.
Unterstützt wurden die designkrefelder noch von einer anderen Koryphäe aus dem Bereich der Gestaltung: Erik Spiekermann aus Berlin borgte ihnen aus dem unerschöpflichen Fundus seiner Druckwerkstatt p98, die hier im Haus fehlenden Umlaute der Bleilettern der Schrift Akzidenz Grotesk.
Für Aicher war das Fachliche untrennbar mit dem Gesellschaftlichen verbunden. Seine Ansprüche an sich selbst, sein persönliches Umfeld, sein Team und seine Kunden waren groß.
Das 48-seitige Werk kann für 24 Euro zzgl. Versand bestellt werden: www.hsnr.de/designkrefeld-edition