Mönchengladbach, 23. Juli. Die Viersener Südstadt leidet unter den typischen Problemen eines Stadtteils am Rande des Zentrums: viele leerstehende Läden, fehlende Kaufkraft der Bevölkerung, keine attraktiven Anziehungsmagnete. Seit Anfang des Jahres untersuchen Wissenschaftler/innen der Hochschule Niederrhein den Stadtteil. Im Rahmen des ESF-Bundesprogramms „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“, kurz BIWAQ, soll die Viersener Südstadt gestärkt werden. Finanziert wird das Projekt durch den Europäischen Sozialfonds. Jetzt trafen sich die beteiligten Akteure aus Hochschule, Wirtschaftsförderung, Stadtentwicklung sowie Stadtteilmanagement der Stadt Viersen mit Praktikern aus vergleichbaren Programmen und Städten in der Hochschule Niederrhein, um erste Ergebnisse zu diskutieren und daraus Handlungsschritte abzuleiten.
„Es geht uns darum, in einem Wechselspiel aus Analyse, Handlungsempfehlung und Umsetzung den Stadtteil ökonomisch voran zu bringen“, sagt Prof. Dr. Rüdiger Hamm, Leiter des am Projekt beteiligten Forschungsinstituts NIERS der Hochschule Niederrhein. Dr. Ann Marie Krewer, die für das ebenfalls beteiligte Institut SO.CON der Hochschule das Projekt verantwortet, ergänzt: „Gerade die eher untypische enge Verzahnung von Analyse und Umsetzung birgt hohe Erfolgschancen für das Projekt. Denn schon während der Analyse werden vor Ort Wege geebnet und konkrete Dinge angestoßen.“ Am Anfang des Projekts, das zum Jahresbeginn startete, stand eine Befragung der Unternehmen in der Viersener Südstadt. Die Ergebnisse stellte Katja Keggenhoff den Diskussionsteilnehmern jetzt vor.
Ökonomisch ist die Viersener Südstadt vor allem von Dienstleistungen und Einzelhandel geprägt. 85 Prozent der 102 an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen haben zehn Mitarbeiter/innen oder weniger, die meisten von ihnen (57 Prozent) sind Frauen. Auffallend ist, dass die Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage eher positiv einschätzen und die zukünftige Beschäftigungsentwicklung eher optimistisch beurteilen. Diese Ergebnisse überraschen vor dem Hintergrund einer allgemein eher schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation.
Das Forum zeigte aufgrund der vorgestellten Auswertung der Unternehmensbefragung in der Viersener Südstadt mögliche Handlungsfelder auf. So bilden nur 36 von 101 Unternehmen überhaupt aus, von denen jedoch einige derzeit keine Auszubildenden beschäftigen. Ziel der Projektbeteiligten in der Stadt Viersen sollte deshalb die Erhöhung der Ausbildungsbereitschaft in der Südstadt sein.
Was die Bewertung der lokalen Standortgegebenheiten anbelangt, halten die Unternehmen die Faktoren „Image“, „Stadtbild“ und „Parkplatzsituation“ für sehr wichtig, sind aber mit den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten eher unzufrieden. Zufrieden sind die Unternehmer bei den weicheren Standortfaktoren wie die Nähe zur Innenstadt, die Anbindung an die Schiene, Einkaufsmöglichkeiten oder die medizinische Versorgung. „Da die Qualität in vielen Fällen schlechter bewertet wird als die Bedeutung, sehen wir hier einen großen Handlungsbedarf“, sagt Keggenhoff.
Und dafür ist ihr Kollege Leif Lüpertz zuständig. Lüpertz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsinstituts SO.CON der Hochschule Niederrhein und unterhält seit einigen Monaten ein betriebswirtschaftlich orientiertes Stadtteilbüro in der Viersener Südstadt, in dem er Beratung für die Unternehmen anbietet. Er besucht die Unternehmer vor Ort, berät sie und hat einen Arbeitskreis der ansässigen Geschäftsleute (wieder) ins Leben gerufen. Er weiß: Verbesserungen in der lokalen Ökonomie der Viersener Südstadt kann es nur gemeinsam mit den Unternehmern geben.
Kann ein zwei Jahre dauerndes Projekt überhaupt die Ökonomie eines Stadtteils voranbringen? Prof. Hamm dazu: „Das Projekt ist dabei, eine Initialzündung zu geben. Wichtig ist, dass die von den beteiligten Partnern angestoßenen Maßnahmen nachhaltig sind und nach dem Auslaufen der Finanzierung fortgeführt werden.“
Nächster Schritt ist eine Befragung von Passanten zum Image der Viersener Südstadt, die derzeit mit Unterstützung von Studierenden der Hochschule Niederrhein durchgeführt wird. Die Ergebnisse werden dann erneut in konkrete Handlungsschritte umgesetzt.
Weitere Informationen erteilt Dr. Christian Sonntag, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule Niederrhein: Tel.: 02151 822 3610; Email: christian.sonntag(at)hs-niederrhein.de
Autor: Christian Sonntag