Mönchengladbach, 26. März. Den Taxi fahrenden Ingenieur aus Syrien gibt es leider immer noch – und das keineswegs nur deswegen, weil sein Abschluss hierzulande nicht anerkannt wird. Viele Unternehmen tun sich schwer damit, den oft als fremdartig wahrgenommenen kulturellen Background einer Bewerberin oder eines Bewerbers als Chance zu begreifen. An der Hochschule Niederrhein arbeiten Wissenschaftlerinnen seit zwei Jahren an dem Projekt „Kulturelle Vielfalt in Sozial- und Altenhilfeeinrichtungen". Jetzt geht das Projekt des Förderprogramms Integration durch Qualifizierung" (IQ) in eine neue Förderperiode. In dieser sollen unter anderem Ergebnisse des ersten Projekts auf Kindertagesstätten transferiert werden.
770.000 Euro werden dem Institut So.con (Social Concepts) der Hochschule Niederrhein in den nächsten vier Jahren dafür zur Verfügung gestellt. Ziel ist es, kulturelle Vielfalt in Einrichtungen und Unternehmen zu gestalten – und dabei alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne Migrationshintergrund einzubeziehen. „Integration kann nur gelingen, wenn sie als gemeinsame Aufgabe von eingewanderten Menschen und der aufnehmenden Gesellschaft verstanden wird", sagt Prof. Dr. Beate Küpper, die das Projekt leitet. „Uns geht es darum, die Unternehmen und Einrichtungen so aufzustellen, dass sie Menschen mit Migrationshintergrund gerne beschäftigen. Sie sollen den Wert von Vielfalt schätzen lernen und als Potential begreifen."
Fakt ist: Schon heute leben in Deutschland rund 20 Prozent Menschen mit Einwanderungsgeschichte. 2014 wanderten netto rund eine halbe Millionen Menschen nach Deutschland ein. Zum anderen verschärft sich der Wettbewerb um die besten Köpfe auf dem Arbeitsmarkt. In Altenheimen beispielsweise wächst der Fachkräftebedarf, der Anteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund steigt. Ähnlich ist die Situation in Kindertageseinrichtungen. „Es gibt Kindergärten, da haben 50 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund", sagt Küpper. „Aber beim Personal spiegelt sich das nicht wieder. Da überwiegen oft die Vorbehalte zum Beispiel gegenüber einer Kindergärtnerin, die ein Kopftuch trägt."
Das So.con-Projekt ist eng an den Fachbereich Sozialwesen angebunden. Dabei soll es auch Kooperationen mit den Studiengängen Kindheitspädagogik und Soziale Arbeit geben, um die dort vorhandenen Strukturen und das Know-how zu nutzen. „Wir sind eine multikulturelle Gesellschaft und wir müssen diese Vielfalt wertschätzen", sagt Küpper. Konkret geht es darum, den Blick für das Potenzial von Menschen mit Migrationsgeschichte zu schärfen, Diskriminierungen abzubauen und die interkulturelle Kompetenz bei Arbeitsmarktakteuren auszubauen.
Erklärtes Ziel des bundesweiten Netzwerks „Integration durch Qualifizierung" (IQ) ist es, die Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Migrationsgeschichte zu verbessern. In der jetzt angelaufenen Förderphase steht die Qualifikation im Kontext des Anerkennungsgesetzes im Mittelpunkt, um mehr Menschen mit im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen in bildungsadäquate Beschäftigung zu bringen. Die neue Förderphase in NRW wurde Anfang Februar eröffnet, die Laufzeit endet 2018. Das IQ-Netzwerk arbeitet seit 2005 bundesweit und hat 16 Landesnetzwerke, die mit sehr unterschiedlichen Projekten realisiert werden. Es umfasst 300 Projekte bundesweit, davon 27 in NRW, die mit Mitteln des Bundes (BMAS) und mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) ko-finanziert umgesetzt werden.
Pressekontakt: Dr. Christian Sonntag, Referat Hochschulkommunikation, Tel.: 02151 822-3610; E-Mail: christian.sonntag@hs-niederrhein.de
Autor: Christian Sonntag