Frauen gelten landläufig häufig als die vernünftigeren Autofahrer, weil sie defensiver fahren und damit weniger Unfälle mit Personenschäden verursachen. Die unter ökologischen Gesichtspunkten vernünftigeren Autofahrer sind sie aber nicht: Nach neuesten Zahlen des Kompetenzzentrums Frau und Auto der Hochschule Niederrhein ist der Anteil der Halterinnen von SUV-Modellen überproportional gestiegen. Dagegen sind Frauen als Halterinnen von Elektrowagen unterrepräsentiert.
„Es ist aus ökologischer Sicht überhaupt nicht vernünftig, mit einem SUV, möglichst noch allradgetrieben, durch die Stadt zu kurven“, sagt Professorin Doris Kortus-Schultes, Leiterin des Kompetenzzentrums Frau und Auto. SUV steht für Sport Utility Vehicle. Dies sind Pkw mit erhöhter Bodenfreiheit, die aussehen wie Geländewagen und wegen ihrer Größe und PS-Stärke deutlich mehr Kraftstoff verbrauchen.
Regelmäßig wertet das Kompetenzzentrum Frau und Auto die statistischen Mitteilungen des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg aus. Die neuesten Zahlen wurden Ende 2018 veröffentlicht, jetzt hat das Kompetenzzentrum seine Auswertungen vorgelegt. Demnach ist zwischen 2010 und 2017 die Zahl der weiblichen Pkw-Halter in Deutschland um 14,6 Prozent gestiegen, während bei den Männern der Anstieg nur 5,4 Prozent betrug. Zwar sind die meisten privaten Pkw-Halter Männer, aber der Frauenanteil beträgt heute bereits 38 Prozent, das sind 15,8 Millionen Halterinnen. Zum Vergleich: 1983 waren nur 21,4 Prozent der Pkw-Halter Frauen.
Die bei Frauen beliebtesten Fahrzeugklassen sind nach wie vor die Kleinwagen, gefolgt von der Kompaktklasse und der Mittelklasse. Aber auf diesem Feld tut sich etwas: Denn den größten Anstieg an weiblichen Halterinnen, nämlich um 3,5 Prozentpunkte, gab es zwischen 2010 und 2017 bei den SUVs. Einen deutlichen geringeren Zuwachs gab es bei den Vans und Minivans, während Fahrzeuge aus der Kompakt- und Mittelklasse 2017 deutlich weniger häufig von Frauen gekauft wurden als 2010. Die Zahl der weiblichen Halter von SUVs hat sich dagegen im Untersuchungszeitraum verdreifacht und stieg von 322.000 auf eine knappe Million.
„Frauen haben andere Prioritäten beim Autokauf als Männer, aber bei den SUVs überschneiden sich anscheinend die unterschiedlichen Bedürfnisse. Während es bei Männern vor allem auf Größe und Motorisierung ankommt, legen Frauen Wert auf Fahrkomfort. Unsere Befragungen haben gezeigt, dass Frauen den Stauraum in den SUVs schätzen, vor allem aber den Überblick mögen, den sie im Straßenverkehr aus der erhöhten Sitzposition heraus haben“, sagt Kortus-Schultes, die am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften BWL und Marketing lehrt.
Wenig anfreunden können sich Frauen der Studie zufolge dagegen mit batteriebetriebenen Pkw. Ihr Anteil als Halter von Pkw mit dieser Antriebsart liegt unter dem entsprechenden Halterinnen-Anteil bei den konventionellen Verbrennermotoren. Zwar ist auch hier ein Wachstum zu verzeichnen, aber Kortus-Schultes weiß: „Männer sind eher technische Pioniere, die neue Techniken zur Schau stellen möchten. Frauen erleben wir häufiger in der Rolle eines Followers.“ Hier sehen die Forscher im Kompetenzzentrum Frau und Auto Chancen, umweltfreundlichere Alternativen wie das Car-Sharing in der Wahrnehmung Auto fahrender Frauen zu stärken.
Die Zahlen sind vor allem vor dem Hintergrund interessant, dass im Rückblick auf die vergangenen 35 Jahre der größere Wachstumsimpuls im deutschen Pkw-Markt von Frauen kommt, insbesondere von Frauen ab 50 Jahren. Diese Zielgruppe ist zunehmend mit eigenem Pkw mobil. Das zeigt eine weitere aktuelle Langzeitstudie des Kompetenzzentrums Frau und Auto.
Das seit 2003 bestehende Kompetenzzentrum Frau und Auto stellt sich derzeit personell neu auf. Mit Professor Dr. Michael Heber stößt der betreuende Professor des Formula-Student-Teams dazu. Künftig sollen verstärkt Fragestellungen aus dem Racing-Team im Kompetenzzentrum bearbeitet werden. Mit Professorin Dr. Claudia Kaiser, Leiterin des Kompetenzzentrums ,Ressourcenorientierte Alter(n)sforschung‘, sollen künftig Fragestellungen, die insbesondere ältere Menschen betreffen, verstärkt Beachtung finden. Hierzu zählen zielgruppenspezifische Mobilitätsangebote wie ‚Taxis auf Abruf‘ oder selbstfahrende Robo-Taxis.
Pressekontakt: Dr. Christian Sonntag, Referat Hochschulkommunikation der Hochschule Niederrhein: Tel.: 02151 822 3610; E-Mail: christian.sonntag(at)hs-niederrhein.de