Krefeld, 17. Januar. Der Transfer von Wissen muss in Deutschland anders gefördert werden als die Forschung. Die vorhandenen Förder-Instrumente reichten nicht aus, um den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft angemessen und systematisch zu fördern. Diese Meinung äußert Professor Dr. Dieter Imboden, der von 2014 bis 2016 im Auftrag der deutschen Wissenschaftskonferenz die „Internationale Expertenkommission zur Evaluation der Exzellenzinitiative“ leitete, in einem Gespräch mit dem Präsidenten der Hochschule Niederrhein und Vorsitzenden der Hochschulallianz für den Mittelstand, Professor Dr. Hans-Hennig von Grünberg.
Das Problem: Während der Transfer von Wissen aus der Hochschule in die Region für die Innovationsfähigkeit insbesondere des deutschen Mittelstands immer wichtiger wird, ist die staatliche Förderung in diesem Bereich unzureichend. Diesen Zustand kritisiert die Hochschulallianz für den Mittelstand, ein bundesweiter Verbund von derzeit zwölf Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Imboden stimmt dem zu und moniert, „dass die zuständigen Gremien der klassischen Forschungsförder-Organisationen dem Anliegen des Transfers und der Frage nach dem Nutzen der Forschung nur ungenügend gerecht werden“.
Der Mangel an passenden Förder-Organisationen für den Transfer wiege besonders schwer für Deutschland, „weil das Evaluationsverfahren der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) strikt auf Wissenschaftlichkeit ausgerichtet ist und es daneben keine Alternative gibt“. Das sei keine Kritik an der DFG, betont Dieter Imboden. Im Gegenteil, sie sei optimal auf das Ziel der Wissenschaftlichkeit ausgelegt und müsste gerade deswegen andere Kriterien außer Acht lassen. Imboden war von 2005 bis 2012 Präsident des Schweizerischen Nationalfonds zur wissenschaftlichen Forschung und ist seit 2013 Aufsichtsratschef des österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF).
Mit diesen beiden Ländern vergleicht Imboden die Transferförderung in Deutschland. Die Schweiz und Österreich haben neben der klassischen Wissenschaftsförderung jeweils eigens für den Transfer zuständige nutzenorientierte Förderorganisationen: die vollständig vom Bund unabhängige, seit Jahresbeginn unter dem Namen „Innosuisse“ firmierende ehemalige Kommission für Technologie und Innovation in der Schweiz und die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) in Österreich. Transferforschung werde in Deutschland zwar vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert, aber dessen Auswahlverfahren sei weniger professionell und qualitätsgeleitet als das der DFG.
„Deutschland müsste etwas Ähnliches speziell für den Transfer haben, eine Organisation mit unabhängiger Qualitätsprüfung, so wie die DFG, mit anderen Experten und anderen Kriterien“, sagt Imboden. Die Alternative, Transfer innerhalb der DFG zu fördern, sieht Imboden eher skeptisch: „Ob ein solches unabhängiges Pflänzchen innerhalb der großen und auf die klassische Forschungsförderung ausgerichtete DFG eine Chance hätte, ist zumindest zweifelhaft.
Hochschulallianz-Vorsitzender Hans-Hennig von Grünberg fordert daher die Schaffung einer Deutschen Transfergesellschaft. Im Gespräch problematisiert er die Bewertung von Projektanträgen, die bei der DFG durch die Scientific Community nach zu erwartendem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn erfolge. Für den Transfer von Wissen in die Industrie sieht er dieses Verfahren kritisch: „Bei einem auf den Nutzen zielenden Transferprojekt kann es das nicht geben: Denn wieviel Nutzen in einer Sache steckt, entscheidet letztlich der Nutzer. Transfer braucht völlig andere Begutachtungsprozeduren und also eine neue und eigene Institution.“
Die Gründung einer Deutschen Transfergemeinschaft ist auch Thema der zweiten Transferkonferenz in Berlin am 24. Januar. Diese läuft unter der Überschrift: Regionaler Transfer 4.0: Digitalisierung und Innovation für den Mittelstand.
Pressekontakt: Dr. Christian Sonntag, Referat Hochschulkommunikation der Hochschule Niederrhein, Tel.: 02151 822-3610, E-Mail: christian.sonntag@hs-niederrhein.de
Autor: Christian Sonntag